Reuters

Zinsbotschaft von Fed-Chef erfreut Europas Anleger

01.12.2022
um 13:22 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die von US-Notenbankchef Jerome Powell überbrachte frohe Kunde eines gemäßigteren Zinspfades im Dezember stimmt Europas Anleger hoffnungsfroh.

Vor den US-Arbeitsmarktdaten zum Wochenschluss ist Strategen zufolge aber Vorsicht geboten, was sich auch in den im Laufe des Vormittags bröckelnden Kursgewinnen widerspiegelte. Dax und EuroStoxx50 lagen am Donnerstagmittag je rund 0,4 Prozent höher bei 14.451 und 3976 Punkten, nachdem sie in erster Reaktion auf Powell mehr als ein Prozent gewonnen hatten. Dem Notenbank-Chef zufolge könnte die Fed "schon im Dezember" den Fuß vom Gas nehmen. Die Mehrzahl der Marktteilnehmer geht nun davon aus, dass die Fed die Zinsen am 14. Dezember um 50 Basispunkte anheben wird und sieht nur geringe Chancen für eine weitere Erhöhung um 75 Basispunkte. "Die starke Oktober- und November-Rally könnte nun nahtlos in eine Jahresendrally übergehen", sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst von CMC Markets. Denn Anleger sehen in der Verlangsamung einen ersten Schritt zu einer Wende in der Geldpolitik, vorausgesetzt die Inflation kommt wie erwartet nach unten.

Das setzte dem Dollar zu. Der Dollar-Index, der die US-Devisen zu anderen wichtigen Währungen misst, verlor nach einem einprozentigen Kursrutsch am Mittwoch weitere 0,5 Prozent auf 105,30 Punkte. Der Euro stieg um bis zu 0,6 Prozent auf 1,0463 Dollar. Die Risikolust der Anleger steigerte auch die Aussicht auf eine Lockerung der strikten Corona-Beschränkungen in China. Investoren erwarteten Erleichterungen für die von den Beschränkungen getroffene Wirtschaft der Volksrepublik.

VORSICHT VOR US-ARBEITSMARKT

Einen Tag vor Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichtes hielt sich die Risikofreude der Investoren jedoch trotz gelöster Stimmung an den Börsen in Grenzen. "Übermäßig gute Zahlen auf dem Arbeitsmarkt könnten der wieder aufflammenden Börsenrally erneut einen herben Dämpfer verleihen", sagte Frank Sohlleder, Marktanalyst für ActivTrades. Experten erwarten, dass die Zahl der neu geschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft auf 208.000 nach 261.000 im Oktober sinken wird. Ein deutlich langsamer wachsender Arbeitsmarkt würde zusätzlichen Druck von der Fed nehmen, betonte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners. Mindestens genau so wichtig sei der Blick auf das Lohnwachstum. "Ein erneuter Rückgang wäre ein weiteres Indiz dafür, dass es der Fed gelingt, die gefürchtete Lohn/ Preis-Spirale zu vermeiden."

GEBEUTELTE WERTE ATMEN DURCH

In die Depots wanderten vor allem die unter dem Kostendruck stärker leidenden Technologieunternehmen. Aktien von Infineon sprangen zeitweise um mehr als fünf Prozent nach oben und notierten anschließend noch zwei Prozent höher bei 32,18 Euro.

Auf Aufholjagd gingen die Aktien von Lebensmittellieferanten. Die in der Hochphase der Corona-Pandemie bevorzugten Titel hatten in letzter Zeit zu kämpfen, da die Verbraucherausgaben aufgrund der hohen Inflation zurückgehen. HelloFresh und Delivery Hero legten je rund sechs Prozent zu, Just Eat Takeaway zogen um mehr als zwei Prozent an, Aktien von Ocado stiegen in London um mehr als sieben Prozent. Auch die Papiere von Adidas liessen die jüngsten Kursverluste hinter sich und stiegen um 2,4 Prozent.

Rasant abwärts ging es erneut bei den Aktien der krisengeplagten Großbank Credit Suisse. Sie markierten ein neues Rekordtief von 2,67 Franken. Damit beläuft sich der Wertverlust alleine in dieser Woche auf 15 Prozent. Neben der Gewinnwarnung von vergangener Woche drückten auch technische Aspekte der laufenden Kapitalerhöhung den Kurs.

(Bericht von Anika Ross. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)