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Kanzleramt erlässt Wissing neues Klimaschutz-Programm

17.04.2023
um 16:37 Uhr

Berlin (Reuters) - Das Bundeskanzleramt befreit Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) trotz überhöhtem CO2-Ausstoß des Sektors von der Pflicht für ein Klima-Sofortprogramm.

"Wir haben eine andere Beschlusslage", begründete Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag dies mit Blick auf den vergangenen Koalitionsausschuss der Ampel-Parteien. Dort waren Grundzüge einer Änderung des Klimaschutzgesetzes vereinbart worden. Der unabhängige Expertenrat für Klimafragen hatte dem Verkehrs- und dem Bau-Ressort zuvor das erneute Reißen der jahresscharfen Vorgaben zum CO2-Ausstoß für 2022 attestiert. Zudem warnte das Gremium vor einem Aufweichen des Klimaschutzgesetzes, nach dem die verantwortlichen Minister für die Sektoren ein Sofortprogramm auflegen müssen, um wieder auf Kurs zu kommen.

Der Expertenrat, ein im Klimagesetz verankertes Gremium, muss die Daten des Umweltbundesamtes (UBA) zu den Emissionen des Vorjahres überprüfen. Im Wesentlichen bestätigte er die UBA-Angaben, wonach Verkehrs- und Gebäudesektor die im Gesetz festgelegten CO2-Obergrenzen verfehlten. Deutschland insgesamt schaffte allerdings seine Ziele, auch weil im Zuge der Ukraine- und Russland-Krise die Industrie weniger produzierte. Mit Blick auf 2030 sei Deutschland aber nicht auf Kurs, um den CO2-Ausstoß um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken.

BAU-MINISTERIUM WILL PROGRAMM FORTENTWICKELN

Während das Bauministerium erklärte, dass man das Sofortprogramm aus dem vergangenen Jahr fortentwickeln werde, kündigte ein Sprecher des Verkehrsressorts an, kein Programm aufzulegen. Bereits das von 2022 war vom Expertenrat als ungenügend abgelehnt worden. Der Sprecher verwies wie das Kanzleramt darauf, dass der Koalitionsausschuss eine Änderung des Klimaschutzgesetzes beschlossen habe.

Umweltgruppen wie der BUND und der WWF-Deutschland zeigten sich empört über das Vorgehen der Regierung: "Der eigene Expertenrat straft die Ampelregierung ab", sagte BUND-Chef Olaf Bandt. "Aber anstatt sich an Recht und Gesetz zu halten, will er die Regeln schleifen. Die Koalitionspartner machen mit." Viviane Raddatz vom WWF kritisierte: "Die Bundesregierung bricht geltendes Recht, indem sie keine geeigneten Maßnahmen zur Emissionsreduktion im Verkehr und im Gebäudebereich vorlegt. Die jetzt geplante Änderung des Klimaschutzgesetzes und Schwächung der Sektorziele ist absolut inakzeptabel."

Laut aktuellem Gesetz müsste drei Monate nach der Vorlage des Experten-Berichts ein Sofortprogramm für die betroffenen Sektoren präsentiert werden. Der Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, er gehe davon aus, dass in dieser Frist das Gesetz geändert werde. In den Beschlüssen des Koalitionsausschuss ist angedeutet, dass es künftig um eine Betrachtung der Emissionen über Jahre hinweg gehen soll und zudem, dass Mehr-Emissionen in einem Sektor durch andere ausgeglichen werden kann. Das Gesetz muss von Klimaminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegt werden. Eine Sprecherin sagte, man sei hier noch am Anfang der Arbeiten, einen Zeitplan zur Vorlage gebe es nicht.

(Bericht von: Markus Wacket; redigiert von Kerstin Dörr Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)