Reuters

Zeitschriftenverleger setzen auf Digital-Geschäft und rufen nach Staatshilfe

18.04.2023
um 11:47 Uhr

Berlin (Reuters) - Die deutschen Zeitschriftenverleger wollen mit mehr Digitalgeschäft und Preiserhöhungen Umsatzrückgänge bei Werbung und Vertrieb abfedern.

Für das laufende Jahr erwartet die Branche aber nur eine durchwachsene Entwicklung, wie am Dienstag aus einer Umfrage des Medienverbands der freien Presse (MVFP) hervorgeht. Deutlichen Umsatzsteigerungen bei Bezahl-Inhalten (Paid Content plus 17 Prozent), im digitalen Werbegeschäft (plus 16 Prozent), im Digital-Vertrieb (plus 12 Prozent) sowie bei Veranstaltungen (plus 14 Prozent) stehen demnach erwartete Rückgänge im Print-Werbegeschäft von minus 3,8 Prozent und minus drei Prozent im Print-Vertrieb gegenüber.

Um den Umsatz zu steigern, planen laut Umfrage 56 Prozent der Firmen, neue journalistische Digitalangebote auf den Markt zu bringen, 49 Prozent wollen neue Audioangebote und 31 Prozent neue Videoformate starten. Ein Drittel der Medienhäuser will neue Print-Sonderausgaben und ein Viertel neue periodische Printtitel auf den Weg bringen. 96 Prozent der Verlage planen Preiserhöhungen für ihre Produkte und 87 Prozent wollen die Digitalisierung weiterer Geschäftsbereiche vorantreiben.

Im Geschäftsjahr 2022 blieb der Gesamtumsatz der Zeitschriftenverlage samt nicht publizistischer Sparten mit 19,3 (2021: 19,4) Milliarden Euro über alle Gattungen ? Publikumspresse, Fachpresse und sogenannte konfessionelle Presse ? fast stabil. Für Schwung sorgte das Wachstum der Fachmedien bei Veranstaltungen und Digitalumsätzen. Bei den Publikumstiteln gab es Rückgänge beim Print-Anzeigenmarkt von 3,5 Prozent und im Print-Vertrieb von 4,0 Prozent. Umsatzwachstum beim digitalen Werbegeschäft (plus 10 Prozent), im Digitalvertrieb (plus 15 Prozent) und bei Bezahlinhalten (plus 12 Prozent) konnten die Erlösrückgänge und massiven Kostensteigerungen hier nicht ausgleichen.

In Folge des Ukraine-Kriegs kämpfen die Verlage mit einer Preisexplosion bei Energie und Papier, wie der MVFP-Vorstandsvorsitzende Philipp Welte sagte. "Bis zu einem Drittel der Titel aus der Welt der Zeitschriften wären in ihrer Existenz bedroht, wenn sich die ökonomischen Rahmenbedingungen nicht ändern sollten." Hier sei die Politik gefordert. "Die weltweit einzigartige Vielfalt journalistischer Zeitschriftenmedien ist ernsthaft gefährdet", betonte der Burda-Manager. Das Ampel-Bündnis müsse ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen und sich dafür einsetzen, die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen zu gewährleisten. Hier nur Zeitungen, nicht aber Zeitschriften zu fördern, "wäre ein ordnungspolitischer Irrweg", sagte Welte.

(Bericht von Klaus Lauer; redigiert von Ralf Banser - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)