Reuters

DIHK senkt Exportprognose - "Laues konjunkturelles Lüftchen"

03.05.2023
um 12:27 Uhr

Berlin (Reuters) - Hohe Inflation, steigende Zinsen, zunehmender Protektionismus: Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat ihre Prognose für das Exportwachstum in diesem Jahr trotz der wieder besser funktionierenden Lieferketten mehr als halbiert.

Die deutschen Ausfuhren dürften inflationsbereinigt (real) lediglich um ein Prozent zulegen, sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier am Mittwoch in Berlin. Bislang war ein Plus von 2,5 Prozent erwartet worden. Grundlage für die gesenkte Prognose ist eine Umfrage unter 5100 Mitgliedsunternehmen der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs). 

Die im Ausland aktiven deutschen Firmen rechnen demnach auch nach drei Krisenjahren nicht mit einem starken Aufschwung der Weltwirtschaft. 28 Prozent gehen an ihren jeweiligen internationalen Standorten in den kommenden zwölf Monaten von einer besseren Konjunkturentwicklung aus, 27 Prozent dagegen von einem negativen Trend. Damit erhöhte sich zwar der Anteil der Optimisten im Vergleich zum Herbst 2022 um elf Prozentpunkte, während sich der Anteil der Pessimisten um 20 Prozentpunkte verringerte. "Die Erwartungen bleiben aber insgesamt sehr verhalten", sagte DIHK-Außenwirtschaftschef Treier. "Von einem echten Boom ist meilenweit nichts zu sehen." Statt eines kraftvollen Aufschwungs, der nach drei weltweiten Krisenjahren eigentlich zu erwarten gewesen wäre, wehe nur ein "laues konjunkturelles Lüftchen".

AUFSCHWUNG IN CHINA ERWARTET

Viele Hoffnungen ruhen nach dem Ende der Null-Covid-Politik auf China. 40 Prozent der dort aktiven deutschen Unternehmen rechnen mit einem kräftigen Aufschwung. 19 Prozent gehen hingegen von einer schwächeren Konjunktur in der Volksrepublik aus. Ihre aktuelle Geschäftslage bewerten dort 29 Prozent der Betriebe als gut und 22 Prozent als schlecht. Das ist unter dem Strich sogar eine pessimistischere Lagebeurteilung als noch im vergangenen Herbst. "Unwägbarkeiten um die zukünftigen Handelsbeziehungen zu China belasten auch unsere Unternehmen vor Ort", sagte Treier. "Die Diskussion über De-coupling, also das Loslösen vom chinesischen Markt, liegt wie Mehltau über dem China-Geschäft der dort aktiven Betriebe."

In den USA erwarten die Unternehmen überwiegend eine positive Wirtschaftsentwicklung im laufenden Jahr. Dort wollen sie auch verstärkt investieren, angelockt vom milliardenschweren Subventionsprogramm "Inflation Reduction Act". In Europa hingegen überwiegen noch immer die Pessimisten.

Insbesondere der Fachkräftemangel entwickelt sich immer mehr zum Problem: 40 Prozent der Unternehmen machen sich Sorgen, dass sie an ihren Standorten nicht genügend qualifizierte Arbeitskräfte bekommen ? so viele wie noch nie in der Umfrage. 34 Prozent der Unternehmen sehen in steigenden Arbeitskosten ein Risiko. Es gibt aber auch positive Entwicklungen. So stabilisieren sich die Lieferketten: Nur noch 24 Prozent der Unternehmen machen Störungen in der Lieferkette als Risiko für ihre geschäftliche Entwicklung aus. Auch der Druck bei den Energiepreisen hat nachgelassen.

Ihre Geschäftslage bewerten 50 Prozent der im Ausland aktiven Unternehmen im Frühjahr als gut und 40 Prozent als befriedigend. Zudem rechnen 47 Prozent in den kommenden zwölf Monaten mit besseren Geschäften am jeweiligen Standort (Herbst 2022: 37 Prozent). Weiterhin am besten im globalen Vergleich beurteilen die Unternehmen in Nordamerika ihre Geschäftslage - vornehmlich durch die noch gut laufende Wirtschaft in den USA.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)