Reuters

Keine Waffenruhe im Sudan - Konfliktparteien setzen auf Gewalt

04.05.2023
um 18:02 Uhr

Khartum (Reuters) - Knapp drei Wochen nach Beginn der Kämpfe im Sudan schwinden die Hoffnungen auf eine dauerhafte Waffenruhe in dem nordostafrikanischen Land immer mehr.

Obwohl die herrschende Armee und die mit ihr rivalisierende Miliz RSF beide einer siebentägigen Feuerpause zugestimmt hatten, lieferten sie sich auch am Donnerstag schwere Gefechte in der Hauptstadt Khartum. Auch in den angrenzenden Städten Bahri und Omdurman waren Bombenexplosionen und Schüsse zu hören. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einer "unverändert hochgefährlichen und brenzligen Situation". Es sei zu befürchten, dass Länder "drumherum und weiter weg" intervenierten und eine Eskalation provozierten. Das müsse man verhindern. Namen nannte er nicht.

Auch die Chefin der US-Geheimdienste, Avril Haines, malte vor dem Militärausschuss des US-Senats ein düsteres Bild. Beide Konfliktparteien im Sudan glaubten, dass sie militärisch einen Sieg davontragen könnten. Sie seien wenig geneigt, an den Verhandlungstisch zu kommen. Deshalb sei davon auszugehen, dass der Konflikt langwierig werde. Beide Konfliktparteien bemühten sich um Unterstützung von außen. Wenn sie diese bekämen, dürfte dies die Kämpfe verschärfen und das Risiko erhöhen, dass die Probleme noch weiter in die Region getragen werden. Die anhaltende Gewalt verschlimmere die ohnehin schon schwierige Lage für die Bevölkerung. Hilfsorganisationen seien gezwungen, ihre Arbeit zu beschränken. Befürchtungen wuchsen, dass es zu "massiven Flüchtlingsströmen" komme, sagte Haines.

Wegen der Kämpfe sind nach Angaben der Vereinten Nation schon jetzt über 100.000 Menschen in benachbarte Länder geflohen. Seit der Eskalation des Machtkampfs zwischen Armee und RSF-Miliz am 15. April wurden zahlreiche Menschen getötet oder verletzt. Nach jüngsten Zählungen in der unübersichtlichen Lage war von Hunderten Toten und Tausenden Verletzten die Rede. International wachsen Befürchtungen, dass der Sudan in einen Bürgerkrieg versinkt und die ganze Region destabilisiert.

BEWOHNER: "WIR WISSEN NICHT, WANN DIESER ALPTRAUM ENDET"

Kämpfe um Gebiete rund um den Präsidentenpalast und zentrale Militäreinrichtungen in Khartum deuteten darauf hin, dass sich beide Seiten vor möglichen Verhandlungen in eine bessere Ausgangsposition bringen wollen. Weil auch in Wohngebieten gekämpft werde, lebten die Menschen in ständiger Furcht, sagte der 49-jährige Ingenieur Al-Sadik Ahmed aus Khartum. "Wir wissen nicht, wann dieser Alptraum und die Angst enden werden."

Die RSF-Miliz warf der Armee vor, die Vereinbarung für eine Waffenruhe gebrochen zu haben. Sie handele "feige" und greife Wohngebiete mit Artillerie und aus der Luft an. Die Armee und die RSF waren 2019 noch gemeinsam am Sturz des jahrzehntelangen Herrschers Omar al-Baschir beteiligt. Nach einer Phase der Machtteilung zwischen beiden Gruppen eskalierte nun ein Streit über den Weg hin zu einer Zivilregierung.

US-Präsident Joe Biden sagte, der jüngste Gewaltausbruch sei ein Verrat an den Forderungen der Bevölkerung nach einer solchen Zivilregierung. Die USA stünden für humanitäre Hilfe bereit, wenn die Bedingungen dies zuließen. Zugleich brachte Biden die Möglichkeit von Sanktionen gegen Personen ins Gespräch, die den Sudan destabilisierten.

Auch der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki Mahamat, warnte, dass der Sudan kein zweites Libyen werden dürfe. Die AU wolle keine Einmischung von außen.

(Bericht von Khalid Abdelaziz, Mohamed Noureldin, Andreas Rinke und Jonathan Landay; geschrieben von Elke Ahlswede; redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)