Reuters

Risiken durch Venezuelas marode Öltanker-Flotte und Schrott-Schiff vor Jemen

05.05.2023
um 08:32 Uhr

Punto Fijo/Dubai (Reuters) - Von Lecks und Bränden an Bord über Kollisionen und Kentern bis hin zum Verursachen einer Ölpest - all diese Gefahren sind nach Einschätzung von Venezuelas staatlicher Ölfirma PDVSA bei einem Großteil der heimischen Öltanker-Flotte real.

Wie aus einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden internen PDVSA-Bericht hervorgeht, werden mehr als die Hälfte der 22 Tanker der eigenen Schifffahrtstochter PDV Marina als so abgewrackt eingestuft, dass sie umgehend repariert oder außer Dienst gestellt werden müssten. Jahrelang aufgeschobene Wartungsarbeiten hätten dazu geführt, dass die gesamte Flotte kaum mehr Zuverlässigkeit sei. Nachweise der Seetauglichkeit, um unter der Flagge anderer Länder zu fahren, fehlten derzeit.

Der Bericht geht auf Untersuchungen im Kampf gegen Korruption zurück, die Präsident Nicolas Maduro im Oktober angeordnet hat. Milliarden Dollar für Erdölexporte waren zuvor in dunklen Kanälen versickert, mehr als 60 Personen wurden verhaftet. Der Chef von PDVSA sowie der Ölminister mussten gehen. Die nun bekanntgewordene Auflistung der Mängel zeigt, welch desaströse und für die Weltmeere gefährliche Zustände der Management-Filz hinterlassen hat. Stellungnahmen von PDVSA, PDV Marina und dem Öl-Ministerium zu dem Bericht waren zunächst nicht zu bekommen.

In dem Report wird empfohlen, fünf Tanker gleich ganz außer Dienst zu stellen. Sieben weitere sollten für Großreparaturen in die Werft geschickt werden. Bei anderen müssten zumindest Feuerlösch-Geräte, Transponder und Funkausrüstung ergänzt werden. Da das Geld dafür sowie für die Werften fehlt und die Untersuchung noch andauert, sind diese Maßnahmen bisher ausgeblieben.

Die Gefahr für die Schifffahrt und die Umwelt steigt also, nachdem schon sogenannte Geistertanker mit sanktioniertem Öl nicht nur aus Venezuela, sondern auch aus Russland und dem Iran auf den Weltmeeren für erhöhtes Unfallrisiko sorgen. Die USA und Dutzende andere Staaten wie Deutschland haben die Wiederwahl von Präsident Nicholas Maduro im Jahr 2018 nicht anerkannt. Mit Sanktionen wollen die USA freie und faire Präsidentschaftswahlen im Jahr 2024 erzwingen.

MARODER ÖLTANKER VOR JEMEN

Die Vereinten Nationen (UN) schlagen unterdessen Alarm wegen eines Öltankers, der vor der Küste des Jemen ankert und dort verrottet. Durch den Krieg im Jemen ist die Wartung des Schiffs "Safer" ausgesetzt. Der Tanker droht nach Einschätzung der UN zu explodieren. Aus dem Schiff könnte demnach vier Mal so viel Öl auslaufen wie bei der Exxon-Valdez-Katastrophe vor Alaska im Jahr 1989. Die UN bemühen sich deshalb darum, rund 1,1 Millionen Barrel (etwa 175 Millionen Liter) aus dem maroden Schiff in einen anderen Tanker zu pumpen.

Doch obwohl eine Säuberung nach einer Ölpest, wie sie durch "Safer" droht, 20 Milliarden Dollar kosten könnte, ist es den UN bisher nicht gelungen, die für das Abpumpen veranschlagten 129 Millionen Dollar zusammenzubekommen. Rund 99 Millionen Dollar haben zwar Regierungen und private Spender zugesagt oder sie wurden durch Crowdfunding zur Verfügung gestellt. Bei einer Geberkonferenz von den UN, Großbritannien und den Niederlanden am Donnerstag sollte das noch fehlende Geld aufgebracht werden. Doch es kamen laut UN nur 5,6 Millionen Dollar zusammen.

Die UN hoffen einem Sprecher zufolge dennoch, Ende Mai mit dem Transfer des Öls auf den eigens von den UN für 55 Millionen Dollar angeschafften Tanker "Nautica" beginnen zu können. Es gebe im Notfall interne Finanzierungsmöglichkeiten, auf die zurückgegriffen werden könne. Das Geld müsse natürlich später nachgeschossen werden. Mit einem Verkauf des Öls könne das Abpumpen nicht finanziert werden - weil unklar sei, wem das Öl gehöre.

(Bericht von Mircely Guanipa und Lisa Barrington, geschrieben von Elke Ahlswede, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)