Reuters

Grünen-Spitze stellt sich in Fall Graichen hinter Habeck

08.05.2023
um 07:02 Uhr

Berlin (Reuters) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat eingeräumt, dass die Debatte über Personalverflechtung rund um seinen Staatssekretär Patrick Graichen für ihn und das Ministerium eine Belastung sind.

"Für den Fehler zahlt Patrick Graichen jetzt schon einen hohen öffentlichen Preis ? wir alle", sagte der Grünen-Politiker am Sonntag im Deutschlandfunk. "Aber die Substanz des Fehlers konnte noch korrigiert werden", fügte er mit Hinweis auf die erneute Ausschreibung für den Chefposten der Energieagentur dena hinzu. In einem ersten Verfahren hatte ein Trauzeuge von Graichen den Posten erhalten, Graichen selbst war an der Vorauswahl beteiligt. Die beiden Parteichefs der Grünen, Ricarda Lang und Omid Nouripour, stellten sich hinter Habeck.

"Es ist ein Fehler, ich möchte gerne ein Politiker sein, der Fehler zugibt", sagte Habeck. Er verlange dies auch von seinen Mitarbeitern. Aber an anderen Stellen seien "Brandmauern" eingezogen wurden, die auch funktioniert hätten. Habeck wies den Vorwurf seines Parteifreundes Jürgen Trittin zurück, dass es sich um eine Kampagne gegen die Energiewende handele, dessen zentrale Figur Graichen ist. "Es ist ein Fehler, es ist ein Fehler, es ist ein Fehler ? Punkt", betonte Habeck. "Und diesen persönlichen Fehler hat nicht die Gaswirtschaft begangen."

Das Grünen-geführte Wirtschaftsministerium steht auch in der Kritik, weil es familiäre Verbindungen des Energie-Staatssekretärs Graichen zum Öko-Institut gibt. Graichens Schwester Verena arbeitet dort, sie ist mit Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner verheiratet. Ein Bruder von Patrick Graichen ist ebenfalls beim Öko-Institut tätig. Das Wirtschaftsministerium hatte am Freitag Details zu den Verflechtungen mit dem Institut veröffentlicht.

Nouripour verwies im ZDF aber darauf, dass etwa Verena Graichen Aufträge des Wirtschaftsministeriums noch zu Zeiten von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bekommen habe. Deshalb würden jetzt einige Vorwürfe konstruiert. "Wir sind die Grünen, wir werden mit anderen Maßstäben bemessen", sagte er. Das sei aber auch gut so: Man wolle nicht so behandelt werden wie etwa die CSU mit ihren Amigo- und Masken-Affären. Zudem sprach er in Anspielung auf die SPD von systematischen Netzwerken beim Thema Russland. Lang betonte in der ARD, es sei gut, zu den gemachten Fehlern zu stehen. Die Gesellschaft stehe vor "wahnsinnig großen Veränderungsprozessen". Dafür brauche man Glaubwürdigkeit.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)