Reuters

Ukraine meldet Tote bei russischer Angriffswelle vor Gedenktag

08.05.2023
um 10:02 Uhr

- von Valentyn und Ogorenko und Gleb und Garanich

Kiew (Reuters) - Einen Tag vor den Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Russland hat das russische Militär die Ukraine mit einer großangelegten Angriffswelle überzogen.

Dabei sind nach Angaben des Generalstabs der ukrainischen Armee erneut Zivilisten getötet worden. Allein in der Nacht zu Montag seien 16 Raketenangriffe gezählt worden, vor allem auf die Städte Charkiw, Cherson, Mykolajiw und die Region Odessa. Auch Kiew wurde erneut attackiert. Im der ostukrainischen Stadt Bachmut intensivierte Russland demnach den Beschuss mit schweren Waffen. "Die Russen hoffen immer noch, die Stadt bis zum 9. Mai zu erobern", sagte General Oleksandr Syrskyj.

In Moskau laufen derzeit die Vorbereitungen für die Militärparade, mit der am Dienstag der Sieg der Roten Armee über Nazi-Deutschland 1945 gefeiert werden soll. Die Veranstaltung gilt dieses Jahr als besonders symbolträchtig, weil Präsident Wladimir Putin die Invasion der Ukraine ursprünglich mit dem Ziel begründet hat, dort angeblich eine Art neuen Faschismus bekämpfen zu wollen. Die Regierung in Kiew und ihre Verbündeten weisen dies als Vorwand zurück und werfen Russland vor, einen Angriffskriegs auf die benachbarte Ex-Sowjetrepublik zu führen. Die Regierung in Moskau spricht von einem militärischen Sondereinsatz. Er hat Tausenden Menschen das Leben gekostet, Millionen Menschen in die Flucht getrieben sowie zur Zerstörung ganzer Städte geführt.

GENERALSTAB: "LEIDER GIBT ES TOTE UND VERWUNDETE ZIVILISTEN"

"Leider gibt es tote und verwundete Zivilisten", erklärte der ukrainische Generalstab in seinem täglichen Lagebericht am Montagmorgen. Bei der jüngsten Angriffswelle seien Wohnhäuser und zivile Infrastruktur beschädigt worden. Bereits am Sonntag wurden 61 Luftangriffe sowie 52 Attacken aus Raketensystemen auf Stellungen der ukrainischen Armee und bewohnte Gebieten gezählt. Sämtliche 35 Drohnenangriffe auf Ziele in verschiedenen Teilen der Ukraine konnten abgewehrt werden, wie das Militär weiter mitteilte.

Bei der jüngsten Angriffswelle ertönte stundenlang Luftalarm in etwa zwei Dritteln des Landes. Durch Luftangriffe auf Kiew sind laut dem Bürgermeister der Hauptstadt, Vitali Klitschko, mindestens fünf Menschen verletzt worden. In der Schwarzmeer-Hafenstadt Odessa geriet ukrainischen Angaben zufolge ein Lebensmittellager nach russischem Beschuss in Brand. Acht Orte in der Region Sumy im Nordosten standen nach Militärangaben ebenfalls unter verstärktem russischen Beschuss. In der südukrainischen Region Cherson sowie in der Region Saporischschja im Südosten des Landes waren laut Medienberichten Explosionen zu hören.

Ein von Russland in der Region Saporischschja installierter Vertreter sagte, die russischen Kräfte hätten ein Vorratslager und Stellungen der Ukrainer in der Kleinstadt Orichiw getroffen. Die Darstellungen zum Kampfgeschehen können unabhängig nicht überprüft werden.

RUSSISCHE BEHÖRDEN BESTÄTIGEN EVAKUIERUNG UM SAPORISCHSCHJA

Russland bestätigte unterdessen die Evakuierungen in Gebieten um das Kernkraftwerk Saporischschja. Mehr als 1600 Menschen, darunter 660 Kinder, seien aus den umliegenden Gebieten des AKWs zum provisorischen Unterbringungszentrum in Berdjansk gebracht worden, teilte der von Moskau eingesetzte Gouverneur des von Russland kontrollierten Teils der Region Saporischschja, Jewgeni Balizki, auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Berdjansk ist eine südostukrainische Hafenstadt am Asowschen Meer, die seit den ersten Tagen des russischen Einmarsches im Februar 2022 besetzt ist.

In dem seit Monaten besonders hart umkämpften Bachmut im Osten der Ukraine verschärfte Russland sein Vorgehen an der Front. Die russische Söldnertruppe Wagner hatte zuvor ihren angedrohten Rückzug aus der Stadt aufgegeben. Die russischen Streitkräfte würden modernere Ausrüstung einsetzen und ihre Truppen umgruppieren, sagte General Syrskyj, der ukrainische Befehlshaber der Bodentruppen, nach einem Besuch an der Front. Die ukrainischen Streitkräfte würden alles tun, um die Eroberung Bachmuts durch Russland zu verhindern.

(Bericht von Valentyn Ogorenko und Gleb Garanich, geschrieben von Katharina Loesche und Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)