Reuters

US-Schuldenstreit bremst Handelslust an der Börse

16.05.2023
um 15:22 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die Aussicht auf eine längere Hängepartie im US-Schuldenstreit sowie enttäuschende Konjunkturdaten aus China haben Dax-Anlegern am Dienstag die Lust am Handeln genommen.

Der deutsche Leitindex notierte mit 15.945 Zählern leicht im Plus, der EuroStoxx50 kam ebenfalls nur minimal voran. "Solange der Streit über die Anhebung der Schuldenobergrenze nicht beigelegt wird und damit Anfang Juni ein Zahlungsausfall der USA droht, dürfte ein Befreiungsschlag nach oben schwerfallen", prognostizierten die Analysten der Helaba. In den USA signalisierten die Futures einen etwas schwächeren Handelsstart.

Im Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze läuft den USA laut Finanzministerin Janet Yellen die Zeit davon. Jeden Tag, an dem der Kongress nicht handle, entstünden mehr wirtschaftliche Kosten, sagte sie. Die US-Wirtschaft stehe auf dem Spiel: "Es gilt, keine Zeit zu verlieren." Im Tagesverlauf sollten die Verhandlungen zwischen den führenden Vertretern der Republikaner und den Demokraten mit US-Präsident Joe Biden wieder aufgenommen werden. Der Dollar bewegte sich kaum, der Dollar-Index verharrte knapp unter dem Vortagesniveau. Analysten zufolge profitierte die US-Währung von dem Schuldenstreit, weil viele Anleger ihr Heil in sicheren Häfen suchten - zu denen der Dollar gehört. "Am Markt war eine Zinssenkung in den USA erwartet worden, aber die Daten spielen dabei nicht mit, und zusätzlich sind sichere Häfen gefragt", sagte Jane Foley, Chefstrategin bei der Rabobank. "Mit all dem, will man wirklich in diesem Jahr stark ins Risiko gehen?"

CHINA-DATEN LASTEN AUF AUTOWERTEN

Für Ernüchterung unter den Dax-Anlegern sorgte, dass in China sowohl das Industrie-Wachstum als auch der Konsum im April hinter den Prognosen zurückgeblieben sind. Die Daten deuteten an, dass die Erholung der chinesischen Wirtschaft an Fahrt verliere, sagte Commerzbank-Analyst Tommy Wu. Zu spüren bekamen die Konjunktursorgen vor allem Autowerte. Der europäische Autoindex fiel zeitweise um 1,3 Prozent. Im Dax verloren Volkswagen, Porsche SE und Mercedes-Benz zwischen 2,3 und 1,5 Prozent. Das Industriemetall Kupfer gab 2,1 Prozent auf 8096 Dollar je Tonne nach.

Auch auf Deutschland sehen die Börsenprofis eher schwierige Zeiten zukommen. Das ZEW-Barometer zur Einschätzung der Konjunktur in den kommenden sechs Monaten sank im Mai um 14,8 auf minus 10,7 Punkte. Damit liegt der Wert erstmals seit Dezember 2022 wieder im negativen Bereich. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf minus 5,3 Zähler gerechnet. Bei den befragten Finanzmarktexperten sei von Konjunktureuphorie nichts zu spüren, stellt NordLB-Analyst Bernd Krampen fest. "Massive Zinsanhebungen, restriktivere Kreditvergabe der Banken, ein Kreditnachfragerückgang und eine anhaltend hohe Inflation dämpfen die Stimmung." Der Internationale Währungsfonds traut Deutschland auf Jahre nur geringe Wachstumsraten zu. Die alternde Bevölkerung, fehlende Produktivitätszuwächse und Engpässe auf dem Arbeitsmarkt würden sich negativ bemerkbar machen.

VODAFONE NACH ZAHLEN UNTER DRUCK

Unter den Einzelwerten standen die Papiere von Siemens Energy nach einer Kurszielerhöhung von Morgan Stanley mit einem Plus von zeitweise 3,8 Prozent auf 23,81 Euro an der Dax-Spitze. Im SDax schnellten die Papiere des Brennstoffzellen-Experten SFC Energy um bis zu 11,7 Prozent nach oben. Der Anbieter von Wasserstoff- und Methanol-Brennstoffzellen verzeichnete zu Jahresbeginn einen Wachstumssprung. Dagegen rutschten die Aktien von Hornbach nach der Veröffentlichung der Konzernzahlen in den Keller. Trotz des anhaltenden Heimwerkerbooms brach das Ergebnis im abgelaufenen Bilanzjahr 2022/23 ein. Sie gaben in der Spitze 12,3 Prozent nach und fielen auf den niedrigsten Stand seit einem halben Jahr.

An der Londoner Börse traten Vodafone-Anleger den Rückzug an. Die Aktie verlor zeitweise 7,7 Prozent auf 83,13 Pence und damit den niedrigsten Wert seit Oktober 2002. Wegen trüber Geschäftsaussichten hat die neue Konzernchefin Magherita Della Valle Vodafone eine Rosskur verordnet. In den kommenden drei Jahren sollen weltweit 11.000 Stellen gestrichen und der Konzern verschlankt werden.

(Bericht von: Daniela Pegna und Christina Amann, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)