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Europas Anleger auf der Hut - US-Schuldenstreit belastet

17.05.2023
um 15:17 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Europas Börsen fehlt es weiter an Schwung.

Gestützt auf Kursgewinne bei Siemens lag der Dax am Mittwochnachmittag 0,4 Prozent höher bei 15.959 Punkten, während der EuroStoxx50 bei 4321 Zählern auf der Stelle trat. Anleger warteten Händlern zufolge vor allem auf einen Durchbruch im Streit über eine Anhebung der US-Schuldenobergrenze. "Trotz einiger Fortschritte bei den Gesprächen sind noch erhebliche Hürden zu überwinden", fassten die Volkswirte der Commerzbank zusammen. "Das Geld in der Kasse wird unterdessen knapp."

Das US-Finanzministerium befürchtet, die Rechnungen des Bundes ohne Einigung nur noch bis zum 1. Juni bezahlen zu können. Finanzministerin Janet Yellen warnte vor einem weltweiten Börsenbeben, sollte es zu einem Zahlungsausfall der USA kommen. Schwache Konjunkturdaten aus China trübten die Stimmung an den Finanzmärkten ebenfalls. Industrieproduktion und Einzelhandelsumsätze waren im April weniger stark gewachsen als erwartet.

Die US-Futures lagen am Nachmittag indes vorbörslich leicht im Plus. Western Alliance trat den Sorgen der Anleger vor einer Liquiditätskrise im amerikanischen Regionalbanken-System entgegen und meldete ein Einlagenwachstum per 12. Mai von mehr als zwei Milliarden Dollar. Die Aktien legten vorbörslich elf Prozent zu.

COMMERZBANK UND EURONEXT RUTSCHEN AB

Am deutschen Aktienmarkt vergraulte die Commerzbank mit ihrem Ausblick die Investoren. Die Papiere des Geldhauses fielen in der Spitze um 7,9 Prozent auf 9,11 Euro. Damit standen sie mit Abstand am Dax-Ende und notierten so tief wie seit sieben Wochen nicht mehr. Aus Sicht von Coba-Finanzchefin Bettina Orlopp ist der Höhepunkt beim Zinsüberschuss im laufenden Jahr voraussichtlich erreicht. Die auf 7 Milliarden Euro im Gesamtjahr angehobene Prognose liege noch unter den Schätzungen einiger Analysten, sagte ein Händler. Anlegern schmecke zudem nicht, dass bei der polnischen Tochter mBank weitere Belastungen nicht auszuschließen sind.

Beim paneuropäischen Börsenbetreiber Euronext ging es wegen der rückläufigen Handelsumsätze und Erträge im Quartal ebenfalls abwärts. Die Aktien verloren an der Pariser Börse bis zu 5,5 Prozent auf ein Sechs-Monats-Tief von 65,50 Euro. Die Entwicklung von Umsatzrendite und Marktanteilen werfe Fragen auf, hieß es bei der Credit Suisse. Auch die Titel der London Stock Exchange sackten nach einer Platzierung um bis zu 5,1 Prozent auf ein Drei-Wochen-Tief ab. Ein Investorenkonsortium bestehend aus der US-Firma Blackstone und Thomson Reuters hat nach Angaben einer der begleitenden Banken Aktien an dem Börsenbetreiber im Wert von umgerechnet rund 3,1 Milliarden Euro verkauft.

ANLEGER MIT SIEMENS-ZAHLEN ZUFRIEDEN

Siemens konnten hingegen bei den Anlegern punkten. Die vorgelegten Ergebnisse seien "hervorragend", fassten die Analysten von Berenberg zusammen. Anleger sollten angesichts der anhaltend guten Auftragslage und starker Margen erfreut sein. "Es gibt wenig für die Bären zu bemängeln, und vieles wird den Bullen gefallen." Siemens-Aktien stiegen um bis zu drei Prozent auf 154,14 Euro - der höchste Stand seit Anfang Januar 2022.

Auch bei SAP zeigten sich die Investoren mit den angehobenen Mittelfrist-Prognosen und geplanten Aktienrückkäufen zufrieden. Die Papiere des Softwarehauses zogen um 1,6 Prozent an. Aktien von ThyssenKrupp kletterten um bis zu 8,6 Prozent auf ein Drei-Wochen-Hoch von 6,96 Euro. Einem Bericht der Agentur Bloomberg zufolge nehmen die Pläne für einen Börsengang der Wasserstoff-Tochter Nucera im Juni Gestalt an. Die Bewertung könnte bei rund vier Milliarden Euro liegen, hieß es in dem Bericht. Reuters hatte vor rund zwei Wochen von Insidern erfahren, dass die Bewertung in der Spanne von zwei bis fünf Milliarden Euro liegen könnte.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)