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Lagarde will Inflation Paroli bieten - Achter Zinsschritt in Folge naht

05.06.2023
um 17:17 Uhr

Berlin (Reuters) - Angesichts des anhaltend hohen Preisdrucks im Euroraum stehen die Zeichen weiter auf Zinserhöhung.

EZB-Chefin Christine Lagarde zeigte sich am Montag vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europa-Parlaments entschlossen, den Kampf gegen die Inflation fortzusetzen. Es sei Aufgabe der EZB, die Preisstabilität zu sichern: "Und das werden wir tun", fügte sie hinzu. Sie wolle die Inflation auf den Zielwert von zwei Prozent sinken sehen: "Je früher, desto besser". Die künftigen Entscheidungen würden sicherstellen, dass die Leitzinsen auf ein ausreichend hohes Niveau gelangten, um eine rechtzeitige Rückkehr der Inflation zum Zielwert zu erreichen.

Die EZB hat die Schlüsselzinsen bereits sieben Mal in Folge um insgesamt 3,75 Prozentpunkte angehoben. Am 15. Juni dürfte nach Ansicht vieler Experten eine weitere Erhöhung um einen viertel Prozentpunkt folgen. Die Inflation im Euroraum hat im Mai zwar spürbar nachgelassen, liegt mit 6,1 Prozent aber noch weit über der von der EZB angestrebten Stabilitätsmarke von 2,0 Prozent. "Der Preisdruck bleibt hoch", so das Fazit von Lagarde.

Als Lichtblick gilt jedoch, dass die Erzeugerpreise überraschend langsam steigen und damit ein Abebben der Inflationswelle signalisieren. Die Hersteller in der Industrie erhöhten ihre Preise im April nur noch um 1,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Im März hatte das Plus noch bei 5,5 Prozent gelegen. In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt - also bevor die Erzeugnisse weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Sie lassen damit Rückschlüsse auf die Entwicklung der Verbraucherpreise zu.

WANN IST DER ZINSGIPFEL ERREICHT?

Laut Bundesbankchef Joachim Nagel muss sich die EZB jedoch womöglich noch über die Sommermonate hinaus mit dem Thema Zinserhöhung beschäftigen. "Für mich ist nicht ausgemacht, dass wir den Zinsgipfel bereits im Sommer erreichen", sagte das EZB-Ratsmitglied in Bochum. Nagel widersprach damit der Sicht seines französischen Kollegen Francois Villeroy de Galhau, der für die nächsten Monate mit dem vorläufigen Höhepunkt der Zinsen rechnet. Laut Nagel kann beim derzeitigen Inflationsniveau von stabilen Preisen noch nicht die Rede sein.

Der zugrundeliegende Preisdruck sei ebenfalls viel zu hoch und gehe bislang kaum zurück, konstatierte der Bundesbank-Präsident. Im Mai hat die Kerninflation - also ohne Nahrungsmittel und Energie - hierzulande bei 5,1 Prozent gelegen, im Euroraum bei 5,3 Prozent. "Die Geldpolitik darf und wird deshalb im Einsatz gegen die Inflation nicht nachlassen. Wir müssen noch hartnäckiger sein als die gegenwärtige Inflation", sagte Nagel.

Die Kernrate gilt als guter Indikator für die zugrundeliegenden Inflationstrends und wird deshalb von den Währungshütern genau verfolgt. Der nächste Zinsentscheid der EZB steht am 15. Juni an. Irlands Notenbankchef Gabriel Makhlouf rechnet angesichts des anhaltenden Preisdrucks im Euro-Raum mit einer weiteren Straffung: "Ich denke, dass wir wahrscheinlich im Juni und Juli Zinserhöhungen sehen werden, aber darüber hinaus, denke ich, ist das Bild viel weniger klar", sagte er jüngst.

(Bericht von Reinhard Becker. Redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)