Reuters

Kachowka-Staudamm in Südukraine gesprengt - Evakuierung läuft

06.06.2023
um 07:22 Uhr

Kiew/Moskau (Reuters) - Der riesige Kachowka-Staudamm im von russischen Truppen kontrollierten Teil der südukrainischen Oblast Cherson ist gesprengt worden.

Für die Zerstörung machten sich am Dienstag die ukrainische und russische Kriegsparteien gegenseitig verantwortlich. Unbestätigte Videos in den sozialen Medien zeigten eine Reihe heftiger Explosionen rund um den Kachowka-Staudamm, der noch aus der Sowjetzeit stammt. In anderen Aufnahmen war zu sehen, wie Wasser durch die Überreste des Damms strömte.

In der Oblast Cherson hat nach Angaben des Gouverneurs die Evakuierung von Gebieten in der Umgebung der Stadt Kachowka begonnen. "Innerhalb von fünf Stunden wird das Wasser einen kritischen Stand erreichen", teilte der Gouverneur der Oblast Cherson, Olexandr Prokudin, am Morgen um 06.45 Uhr Ortszeit (05.45 Uhr MESZ) auf Telegram mit. Der Kachowka-Staudamm ist nach der gleichnamigen Stadt in der Oblast Cherson benannt, der Ort liegt am linken Ufer des Stausees.

Das ukrainische Militär erklärte, russische Streitkräfte hätten den Damm gesprengt. "Das Ausmaß der Zerstörung, die Geschwindigkeit und Menge des Wassers sowie die wahrscheinlichen Überschwemmungsgebiete werden derzeit geklärt", erklärte das Kommando Süd der ukrainischen Streitkräfte auf seiner Facebook-Seite.

Russische Nachrichtenagenturen meldeten dagegen, der von russischen Streitkräften kontrollierte Damm sei durch Beschuss zerstört worden. Es handele sich um einen Terroranschlag, sagte ein von Russland eingesetzter Vertreter der Besatzungsverwaltung - so bezeichnet die russische Führung üblicherweise ukrainische Angriffe. Reuters war nicht in der Lage, das Kriegsgeschehen unabhängig zu überprüfen.

Durch den Einsturz des Kachowka-Staudammes besteht nach russischer Darstellung keine unmittelbare Gefahr für das Atomkraftwerk Saporischschja, das am Stausees liegt. Das berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf einen von Russland eingesetzten Verwaltungsvertreter im besetzten Gebiet Saporischschja. Das AKW ist das größte Europas und steht seit längerem unter russischer Kontrolle.

Der 30 Meter hohe und 3,2 Kilometer lange Damm wurde 1956 am Fluss Dnipro als Teil des Wasserkraftwerks Kachowka errichtet. Der dadurch gebildete Stausee fasst rund 18 Milliarden Kubikmeter Wasser und versorgt das AKW Saporischschja sowie die bereits 2014 von Russland annektierte Halbinsel Krim.

(Bericht von: Valentyn Ogirenko, Lidia Kelly; geschrieben von Sabine Ehrhardt, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)