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IW-Studie - Konkurrent China sitzt Deutschland in EU immer stärker im Nacken

15.08.2023
um 12:57 Uhr

Berlin (Reuters) - China macht einer Studie zufolge Deutschland auf dem EU-Markt immer stärker Konkurrenz.

Die Anteile der Volksrepublik an den EU-Importen sind einer Analyse des arbeitgebernahen Instituts IW in den vergangenen Jahren sehr deutlich gestiegen. In vielen Bereichen habe China seine Anteile an den EU-Importen allein zwischen 2020 und 2022 in etwa so stark und teils sogar stärker ausgebaut als im gesamten Zehnjahreszeitraum zuvor, teilte das Kölner Institut in dem Bericht mit. Dies gelte vor allem für anspruchsvolle Industriegüter, auf die Deutschland bislang spezialisiert war.

Deutschlands Anteile an den EU-Importen seien insgesamt und in zahlreichen anspruchsvollen industriellen Produktgruppen seit 2005 im Trend rückläufig. Dieser Rückgang habe sich in vielen Bereichen zuletzt beschleunigt. Der Befund deute stark darauf hin, dass China der deutschen Wirtschaft auf ihrem EU-Heimatmarkt und in ihren angestammten Bereichen zunehmend Konkurrenz mache.

WANKT DEUTSCHES INDUSTRIE-EXPORTMODELL?

Problematisch dabei sei, dass Chinas Exporterfolge auch auf umfangreicher Subventionierung beruhen dürften, was die Frage nach handelspolitischen Reaktionen aufwerfe. "Der empirische Befund stimmt sorgenvoll angesichts der Herausforderungen der Energiewende und der grundlegenden Probleme mit Wettbewerbsfähigkeit und Standortqualität in Deutschland", warnt IW-Forscher Jürgen Matthes.

Bei den Ausfuhren der Automobilindustrie dürfte das Fortschreiten der Energiewende die problematische Entwicklung laut IW weiter verstärken. Denn China sei bei Elektrofahrzeugen gerade dabei, die europäischen Märkte zu erobern, wenngleich noch von geringer Basis ausgehend: "Auch erscheint es fraglich, wie die energieintensive Chemieindustrie ihre gesamtwirtschaftlich relevanten Exporterfolge bei so hohen Energiekosten verteidigen soll, zumal China auch hier Boden wettgemacht hat", ergänzte IW-Experte Matthes.

Und selbst der hoch spezialisierte Maschinenbau, der tendenziell von der Energiewende profitiere, verliere in immer mehr Bereichen seine Vormachtstellung an chinesische Maschinenbauer. In all diesen Sektoren sei Deutschlands Vorsprung in puncto EU-Markt zuletzt immer stärker geschrumpft. In der Elektroindustrie habe China Deutschland schon seit längerem mit Blick auf die EU-Importanteile überholt: "Das deutsche industrielle Exportmodell scheint ins Wanken zu geraten", so das Fazit der Kölner Fachleute.

(Bericht von Reinhard Becker, redigiert von Klaus Lauer und Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)