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Regierung will Zwei-Prozent-Ziel bei Verteidigung mit Buchungstrick erreichen

21.08.2023
um 13:37 Uhr

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung will das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren über einen Buchungstrick erreichen.

So sollen Mittel aus dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr auch für andere Ausgaben als Bestellungen neuer Waffensysteme ausgegeben werden können, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von mehreren Quellen in der Ampel-Koalition. Auch Kosten für die nötige Infrastruktur oder den Materialerhalt sollen so aus dem Topf bezahlt werden können. Grund sei, dass dadurch Geld schneller abfließen kann als dies bei der Bestellung milliardenschwerer Waffensyteme möglich sei, hieß es.

Die Regierung hatte sich im Haushaltsfinanzierungsgesetz für den Etat 2024 darauf verständigt, nicht mehr jährlich die Selbstverpflichtung der Nato-Staaten zu erreichen, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Stattdessen soll dieses Ziel nun im Mittel mehrerer Jahre erreicht werden. Grund ist nach Angaben aus Regierungskrisen, dass unklar ist, in welchem Jahr die Zahlung für teure Waffensysteme wie etwa das US-Kampfflugzeug F35 fällig werden.

Nun soll aber auch das Gesetz für die Verwendung des 100-Milliarden-Euro-Topfes geändert werden. Darüber hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtet. Bei den Verteidigungspolitikern der Ampel-Koalition stößt dies auf Zustimmung, weil so Geld für sicherheitsrelevante Projekte schneller eingesetzt werden kann. Allerdings würde Geld für Infrastrukturausgaben, das in den kommenden beiden Jahren eingesetzt wird, dann am Ende die Summe für die Bestellung neuer Waffensysteme schmälern. Nach Angabe einer Sprecherin des Verteidigungsministeriums sind derzeit 33 Milliarden Euro der 100 Milliarden Euro verplant und vertraglich gebunden. Man hoffe, dass der Anteil Ende des Jahres bei Zweidrittel der Summe liegen werde. In Koalitionskreisen wurde dagegen betont, dass eigentlich bereits 60 Prozent fest verplant seien.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte davon gesprochen, dass das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels allein aus Mitteln aus dem Bundeshaushalt für die Jahre 2027/2028 angepeilt werden könne. Kanzler Olaf Scholz sprach von einer Anhebung bis Ende des Jahrzehnts. In der Nationalen Sicherheitsstrategie bekennen sich SPD, Grüne und FDP zu dem Ziel der Nato-Staaten, dass zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidung ausgegeben werden sollen.

(Bericht von Andreas Rinke, Sabine Siebold; redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)