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EVG beendet Tarifstreit mit Bahn - Gewerkschaft stimmt gegen Streiks

28.08.2023
um 16:47 Uhr

Berlin (Reuters) - Der Tarifstreit zwischen der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und der Deutschen Bahn geht ohne weitere Streiks zu Ende. Denn die Gewerkschaftsmitglieder votierten mit 52,3 Prozent in der Urabstimmung für die Schlichtungsvereinbarung und damit gegen neue unbefristete Arbeitskämpfe.

"Damit haben wir einen solidarischen Tarifabschluss, der vor allem den kleineren und mittleren Einkommen ein deutliches Plus zum Teil von über 50 Prozent bringt", sagte EVG-Chef Martin Burkert am Montag in Berlin. Für unbefristete Streiks hätten 75 Prozent stimmen müssen. So ein Arbeitskampf sei nun vom Tisch und die Tarifrunde mit der Bahn erfolgreich beendet, fügte Burkert hinzu.

Die Bahn begrüßte die Entscheidung als gute Lösung für alle. "Unsere Mitarbeitenden bekommen endlich mehr Geld, wir haben wieder Planungssicherheit und unsere Fahrgäste ebenfalls", erklärte Personal-Vorstand Martin Seiler. Die Tarifeinigung verlange der Bahn wirtschaftlich jedoch sehr viel ab.

Im seit Februar schwelenden Tarifkonflikt gab es mehrfach Warnstreiks. Ende Juli einigten sich beide Seiten dann in einem Schlichtungsverfahren. Die EVG-Spitze hatte ihren rund 180.000 befragten Mitgliedern empfohlen, den Schlichterspruch anzunehmen, auch wenn die Vereinbarung "Licht und Schatten" habe und der Kompromiss schwerfalle. Die Wahlbeteiligung lag bei 65,3 Prozent.

TARIFRUNDE MIT LOKFÜHRERN FÜHRT WOHL ZU NEUEN BAHN-STREIKS

Demnach sollen die Löhne bei der Bahn - in zwei Schritten - monatlich um 410 Euro steigen. Dies entspricht der EVG zufolge einem Plus von durchschnittlich gut 14 Prozent für die Beschäftigten. Zudem soll es im Oktober eine steuer- und abgabenfreie Inflationsprämie von 2850 Euro geben, bei einer Laufzeit des neuen Tarifvertrages von 25 Monaten. Das sind die Kernpunkte nach zehntägiger Schlichtung. Die Gewerkschaft hatte zwölf Prozent mehr Lohn gefordert, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr - bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. "Die Begeisterung hält sich sicher in Teilen auch in Grenzen", räumte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay ein. Denn durch die Forderung nach dem Festbetrag profitierten untere Einkommensgruppen überproportional von der Einigung.

Die Warnstreiks belasteten den Konzern mit 100 Millionen Euro. Laut Bahn ist das Abkommen an der Grenze des Vertretbaren. Manager Seiler betonte aber: "Dieser Abschluss sichert auch unsere Zukunftsfähigkeit, damit wir die Transformation gemeinsam gestalten und erfolgreich meistern können."

Ganz vom Tisch sind Bahn-Streiks für Reisende dennoch nicht. Denn während der Tarifkonflikt mit der EVG nun beendet ist, steht der mit der kleineren Lokführergewerkschaft GdL noch bevor. Hier gilt die Friedenspflicht zwar noch bis Ende Oktober. Die GdL um ihren Chef Claus Weselsky hat sich in der Vergangenheit aber wiederholt scharfe Tarifauseinandersetzungen mit der Bahn geliefert und den Verkehr auf der Schiene mehrfach lahmgelegt. Die Verhandlungen mit der Bahn beginnen im November. Branchenexperten rechnen fest mit Streiks. Sollte die GdL ein besseres Ergebnis erreichen, wird die EVG - anders als zu Corona-Zeiten - nicht nachverhandeln. "Das sieht unser Tarifvertrag nicht vor", sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch. Die EVG mache ihre eigene Tarifpolitik. Die Gewerkschaft hat zudem bereits die nächste Tarifrunde in 19 Monaten im Visier und will dann Strukturverbesserungen für alle Berufsgruppen erreichen, wie EVG-Chef Burkert ankündigte.

(Bericht von Klaus Lauer, redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)