Reuters

Milliarden-Entlastungen für Firmen - Länder könnten noch Veto einlegen

30.08.2023
um 13:47 Uhr

Berlin/Meseberg (Reuters) - Die Bundesregierung hat nach zweiwöchiger Verzögerung milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen auf den Weg gebracht.

Das Kabinett billigte am Mittwoch bei seiner Klausurtagung im brandenburgischen Meseberg den Gesetzentwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Vorgesehen sind Entlastungen von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr ab 2024 und insgesamt über 32 Milliarden in den nächsten Jahren. Zunächst waren lediglich rund sechs Milliarden Euro jährlich eingeplant. Das Paket soll der lahmenden deutschen Wirtschaft neues Leben einhauchen. Der Bundestag dürfte in den nächsten Monaten über den Entwurf beraten. Auch die Länder müssen zustimmen, weil sie zusammen mit den Kommunen einen Großteil der erwarteten Steuermindereinnahmen verkraften müssen.

"Wir haben eine Situation, in der das Wachstum nicht so stark ist, wie wir uns das wünschen", sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) zum Abschluss der Ampel-Klausur. Ziel sei es, mit gezielten Maßnahmen jetzt Investitionen von Unternehmen zu fördern. Die deutsche Wirtschaft ist drei Quartale in Folge nicht gewachsen. Steigende Zinsen, die hohe Inflation und die maue Weltkonjunktur machen ihr zu schaffen. Auch die Aussichten für die nächsten Monate sind durchwachsen. "Deutschland muss an Dynamik gewinnen", sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP). Das sogenannte Wachstumschancengesetz sei dafür ein erster wichtiger Schritt.

Kernstück ist eine Prämie in Höhe von 15 Prozent der Gesamtsumme bei Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen. Diese ist aber weniger umfangreich als die eigentlich im Ampel-Koalitionsvertrag vorgesehenen "Superabschreibungen", die auch Investitionen in die Digitalisierung anschieben sollten. An anderer Stelle werden Firmen nun aber zeitlich befristet deutlich bessere Abschreibungsmöglichkeiten gewährt - bei beweglichen Wirtschaftsgütern als auch beim Wohnungsbau. Unternehmen sollen auch Verluste für sie besser mit Gewinnen verrechnen können. Zudem wird die steuerliche Forschungsförderung ausgeweitet.

Mitte August hatte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) die Steuerentlastungen zunächst blockiert, um mehr Geld für die Kindergrundsicherung durchzusetzen. Hier hatte sich die Ampel-Koalition am Montag aber auf Eckpunkte verständigt.

LÄNDER JETZT AM ZUG

Der Verband der Familienunternehmer forderte, das Steuerpaket müsse nun ohne weitere Blockaden verabschiedet werden, um den Betrieben Planungssicherheit zu geben. Das bezweifelt aber CDU-Chef Friedrich Merz. Er sagte der Funke-Mediengruppe, der Bund werde die Zustimmung der Länder für Steuerpaket nicht bekommen. Lindner zufolge sind Änderungen im parlamentarischen Verfahren wie immer noch möglich. Einige Länder wollten mehr machen, andere seien skeptisch. "Das werden wir sehen." Länder und Kommunen hätten aber auch ein Interesse am Erfolg der Wirtschaft.

Ökonomen und Wirtschaftsverbände betonten, die Maßnahmen gingen in die richtige Richtung, seien aber nicht groß genug angelegt. Der CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es sei lediglich ein "Schübchen". Eine umfassende Unternehmenssteuerreform wäre angebrachter. Sieben Milliarden Euro Entlastung seien zudem zu wenig, wenn der Staat einzelne Unternehmensansiedlungen in ähnlicher Größenordnung fördere. Der Chip-Konzern Intel kann für seine neuen Investitionen in Magdeburg mit einer staatlichen Subvention in Höhe von zehn Milliarden Euro rechnen.

(Bericht von Christian Krämer und Andreas Rinke, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)