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Konjunktursorge drückt Börsen - China-Hoffnung schwindet

05.09.2023
um 12:12 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Schwache Konjunkturdaten aus China haben die Freude der Aktienanleger über die staatlichen Hilfen für die Volksrepublik schnell wieder vertrieben.

Der Dax verlor am Dienstagvormittag 0,3 Prozent auf 15.776 Punkte, der EuroStoxx50 sank um 0,4 Prozent auf 4262 Zähler.

Chinas Dienstleistungssektor wuchs im August so langsam wie seit acht Monaten nicht mehr. "Damit treten die noch gestern gefeierten Unterstützungsmaßnahmen am Immobilienmarkt schon wieder in den Hintergrund", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. China bleibe im Moment ein volatiler Aktienmarkt. "Und solange die Nachrichtenlage so schnell wechselt, wird sich daran nichts ändern." Peking hat in den letzten Monaten eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um das sich verlangsamende Wachstum wiederzubeleben und das Marktvertrauen zu stärken, die Ökonomen zufolge aber noch nicht ausreichten. Zudem steht weiterhin Country Garden im Visier der Anleger. Am Dienstag fällige Zinszahlungen für zwei Dollar-Anleihen leistete der angeschlagene Immobilienentwickler Insidern zufolge jedoch kurz vor Ablauf der Nachfrist.

REZESSIONSSIGNALE AUS DER EURO-ZONE VERUNSICHERN

Auch an den Rohstoffbörsen machte sich der Konjunkturpessimismus bemerkbar. Öl der Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich um 0,8 Prozent auf 88,27 Dollar je Fass. Unterdessen schürten auch Daten aus Europa die Angst vor einer Rezession. Der Rückgang der Geschäftstätigkeit in der Euro-Zone beschleunigte sich letzten Monat schneller als zunächst angenommen. Der endgültige Einkaufsmanagerindex (PMI) von HCOB, der von S&P Global zusammengestellt wird, fiel im August auf 46,7 nach 48,6 im Juli - ein Tiefststand, der seit November 2020 nicht mehr erreicht wurde. "Die Euro-Zone ist in der ersten Jahreshälfte nicht in eine Rezession gerutscht, aber die zweite Jahreshälfte wird eine größere Herausforderung darstellen", sagte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank. Der Euro tauchte um 0,4 Prozent auf 1,0747 Dollar ab. Der Dollar gewann hingegen auf breiter Front.

Nach der Feiertagspause an der Wall Street dürften am Nachmittag zumindest wieder frische Impulse aus den USA kommen, nachdem die Handelsumsätze zum Wochenstart sehr dünn geblieben waren. "Den Anlegern und Investoren fehlt im Moment das klar zu erkennende Aufbruchsignal, dass es zukünftig wieder aufwärts geht", sagte Frank Sohlleder, Marketanalyst beim Broker ActivTrades. "Was in den USA mit der künstlichen Intelligenz sehr gut funktioniert, ist in Europa nicht ersichtlich."

BANKENWERTE SCHWÄCHER - ASHTEAD STÜRZEN NACH AUSBLICK AB

Nach einem negativen Analystenkommentar fielen die Titel der Commerzbank um mehr als fünf Prozent ans Dax-Ende. Mit 9,70 Euro notierten sie so tief wie seit zehn Wochen nicht mehr. Die britische Bank Barclays setzte die Papiere auf "Underweight" von "Equal Weight" herab. Das Finanzinstitut generiere weniger Kapital als der breite Branchendurchschnitt, bemängelten die Analysten. Es gebe ein größeres Risiko, dass die Schätzungen für den Zinsüberschuss (NII) zu hoch lägen.

Aktien von Deutsche Bank verloren rund zwei Prozent, nachdem die Finanzaufsicht BaFin Kundenbeschwerden über die Probleme bei der Abwicklung von Geschäften bei der Postbank nachgehen will. "Das drückt zumindest auf die Stimmung", sagte ein Händler.

Ein düsterer Ausblick des Ausrüstungsvermieters Ashtead vergraulte die Anleger. Die Aktien fielen in London um bis zu 6,5 Prozent auf ein Zwei-Monats-Tief, nachdem die Firma ihre Prognose für das jährliche Wachstum der Vermietungsumsätze in Großbritannien gesenkt hat. "Die Warnlampen waren an, aber das Ausmaß des Rückgangs der Prognosen ist ein Schock", sagte Hargreaves-Analystin Susannah Streeter.

Im Blick behielten die Investoren die nach Handelsende erwartete Entscheidung der Deutschen Börse zur Indexzusammensetzung. Nach drei Monaten dürfte United Internet ein Comeback im Nebenwerte-Index MDax feiern und den Platz von ProSiebenSat.1 einnehmen. Ein Stühlerücken im Dax erwarten Experten nicht.

(Bericht von Anika Ross, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)