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"Tendenz auf Flaute" - Ifo senkt Konjunkturprognose für 2024

07.09.2023
um 11:37 Uhr

Berlin (Reuters) - Das Ifo-Institut blickt pessimistischer auf die deutsche Konjunktur im nächsten Jahr.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte 2024 nur noch 1,4 Prozent statt der im Juni prognostizierten 1,5 Prozent wachsen, teilten die Münchner Forscher am Donnerstag zu ihrer Konjunkturprognose mit. "Anders als bislang erwartet dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte ausbleiben", sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser mit Blick auf 2023. "Die Abkühlung setzt sich fort, in nahezu allen Branchen steht die Tendenz auf Flaute." 2025 dürfte die Wirtschaft um 1,2 Prozent wachsen.

Auch auf 2023 blicken die Forscher mit Sorge und bestätigten ihre Einschätzung, dass die Wirtschaft um 0,4 Prozent schrumpft. Doch die Prognose bleibe nur deshalb bestehen, weil das BIP nach einer Revision nun deutlich höher liege als noch im Sommer, erklärte Wollmershäuser. "Ohne diese Revision hätten wir die Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr um 0,3 Prozentpunkte auf minus 0,7 Prozent herabgesetzt."

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hatte jüngst seine BIP-Prognose gesenkt und rechnet nun mit einem Rückgang um 0,5 Prozent - und damit fast doppelt so viel wie noch im Frühsommer angenommen. Von den 20 Euro-Ländern dürften demnach nur Irland und Estland ebenfalls schrumpfen.

PRIVATER KONSUM SOLL WIRTSCHAFT ANKURBELN

Lichtblick dürfte laut Ifo-Institut im zweiten Halbjahr der private Konsum sein. Dieser werde sich nach deutlichen Kaufkraftverlusten in den ersten sechs Monaten wieder erholen. "Der Anstieg der verfügbaren Haushaltseinkommen wird kräftig bleiben und bei langsam sinkenden Inflationsraten auch zu einem Kaufkraftplus führen", sagte Wollmershäuser. Laut Prognose dürften die Verbraucherpreise in diesem Jahr mit sechs Prozent vorerst hoch bleiben. Dann werde die Jahresteuerung aber spürbar nachlassen und 2024 bei 2,6 Prozent liegen und 2025 auf 1,9 Prozent fallen.

Die Teuerung hatte sich im August erneut abgeschwächt - und zwar auf 6,1 Prozent von 6,2 Prozent im Juli. Zugleich ist die von der Europäischen Zentralbank (EZB) für den Euroraum anvisierte Marke von 2,0 Prozent mit zuletzt 5,3 Prozent noch längst nicht in Sichtweite.

Außerdem dürfte sich der Arbeitsmarkt laut Ifo-Institut weniger robust zeigen als zuvor gedacht. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte mit 2,59 Millionen in diesem und mit 2,58 Millionen im nächsten Jahr hoch bleiben. Mit einem Rückgang auf rund 2,43 Millionen rechnen die Forscherinnen und Forscher nun erst 2025 - und nicht schon für das nächste Jahr.

Langsamer als vorerst gedacht soll zudem die Neuverschuldung des Staates zurückgehen - und zwar von 92 Milliarden Euro auf 80 im kommenden Jahr und auf 70 Milliarden für 2025. Kräftig steigern dürfte sich dagegen der deutsche Leistungsbilanzüberschuss mit dem Ausland auf 6,9 (Vorjahr: 3,7) Prozent der Wirtschaftsleistung. Der von der EU empfohlene Schwellenwert von 6,0 Prozent würde damit übertroffen.

(Bericht von Nette Nöstlinger, redigiert von Klaus Lauer. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)