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Europas Anleger tasten sich vor EZB-Entscheid weiter vor

11.09.2023
um 13:37 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Vor dem mit Spannung erwarteten Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank in dieser Woche zeigen sich die Anleger an Europas Börsen zuversichtlich.

Der Dax zog am Montag in der Spitze um 0,8 Prozent auf 15.868 Punkte an, der EuroStoxx50 kletterte um bis zu ein Prozent auf 4279 Zähler. Zwar sei die Inflationsrate noch fast drei Mal so hoch wie das Zwei-Prozent-Ziel der Notenbank, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets. "Dennoch gibt es Hoffnung im Markt, dass die EZB der schwächelnden Wirtschaft nicht noch mehr Steine in den Weg legen will und doch eine Pause einlegt."

Die hartnäckig hohe Inflation in Kombination mit immer trüberen Konjunkturaussichten lässt für EZB-Präsidentin Christine Lagarde die erste Zinssitzung nach der Sommerpause am Donnerstag zu einem schwierigen Balanceakt werden. Volkswirte sehen sowohl gute Argumente für eine Zinspause als auch für einen weitere Zinserhöhung. "Lange waren Unsicherheit und Nervosität im Vorfeld einer Zinsentscheidung nicht so groß wie diesmal", konstatierte Thomas Altmann, Portfoliomanager vom Vermögensverwalter QC Partners.

Auch die EU-Kommission blickt deutlich skeptischer auf die Konjunktur in der Euro-Zone und in Deutschland als noch im Frühjahr. Angesichts des Gegenwinds erwartet sie für die Staaten der Währungsunion nur noch ein Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 0,8 Prozent in diesem Jahr. Im Mai hatte die Brüsseler Behörde noch einen Zuwachs von 1,1 Prozent veranschlagt.

HOFFNUNGSSCHIMMER IN CHINA

Unterdessen ließen positive Signale aus China Anleger aufatmen. In der Volksrepublik ließ der Deflationsdruck im August nach. Der Rückgang der Fabrikpreise war der geringste seit fünf Monaten und der Verbraucherpreisindex stieg im August im Vergleich zum Vorjahr wieder um 0,1 Prozent an, wie aus Daten vom Wochenende hervorging. Damit steht die Preisentwicklung in China in deutlichem Gegensatz zu der steigenden Inflation in den meisten anderen großen Volkswirtschaften.

Allerdings sei noch mehr Unterstützung erforderlich, um die Nachfrage der Verbraucher in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wieder anzukurbeln, sagten Analysten. Die Behörden hatten zuletzt eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um der Wirtschaft neuen Schwung zu verleihen. So wurden etwa die Kreditbestimmungen gelockert und Hypothekenzinsen gesenkt, um Immobilienkäufe zu stützen.

Die rosigeren Aussichten trieben auch die Metallpreise an. Kupfer verteuerte sich um 1,5 Prozent auf 8370 Dollar je Tonne. Eisenerz kostete an den Terminmärkten mit 851,50 Yuan je Tonne 2,4 Prozent mehr. Auch andere Rohstoffe für die Stahlherstellung legten zu. Dies ließ Anleger bei Bergbaubetreibern zugreifen. Der europäische Branchenindex zog um mehr als zwei Prozent an.

ÜBERNAHMEGESPRÄCHE TREIBEN COVESTRO

Bei den Einzelwerten trieb die Aussicht auf eine Übernahme durch Abu Dhabis staatlichen Ölkonzern Adnoc Covestro weiter an. Die Aktien des Kunststoffkonzerns rückten mit einem Plus von bis zu 4,2 Prozent auf 53,66 Euro an die Dax-Spitze, nachdem sie bereits am Freitag rund acht Prozent zugelegt hatte. Covestro hatte zum Wochenschluss mitgeteilt, mit Adnoc über dessen milliardenschweres Übernahmeangebot verhandeln zu wollen. Zuletzt hatte Adnoc gegenüber Covestro eine mögliche weitere Erhöhung des Angebots auf 60 Euro je Aktie signalisiert. Der Deal hätte dann ein Volumen von 11,6 Milliarden Euro.

Die Konzentration auf das Geschäft mit günstigeren Häusern ließ Anleger beim britischen Baukonzern VistryVTYV.L> zugreifen. Die Titel des Unternehmens sprangen in London um rund 15 Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr. Vistry hat zuvor angekündigt, sich ausschließlich auf das Geschäft mit günstigeren Häusern zu konzentrieren. Zugleich wolle der Konzern in den nächsten drei Jahren eine Milliarde Pfund an die Aktionäre zurückgeben. Ein erstes Aktienrückkaufprogramm starte im November.

(Bericht von Stefanie Geiger, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)