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EZB will Zinsen laut Lagarde so lange wie nötig hoch halten

15.09.2023
um 16:22 Uhr

Santiago de Compostela/Frankfurt (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) wird laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde die Zinsen so lange wie nötig hoch halten, um die Inflation zurückzudrängen.

Eine Zinssenkung stehe nicht zur Debatte, sagte sie am Freitag nach einem Treffen der Euro-Finanzminister in Santiago de Compostela. Ihr Stellvertreter Luis de Guindos trat Spekulationen an der Börse auf mögliche erste Zinssenkungen zur Jahresmitte entgegen. Ähnlich äußerte sich am Rande des Euro-Finanzministertreffens Lettlands Notenbankchef Martins Kazaks. Die EZB hatte am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung die Schlüsselsätze auf das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999 angehoben.

"Unser Kampf gegen die Inflation hält an", sagte Lagarde. "Wir wollen zu unserem mittelfristigen (Inflations-) Ziel von zwei Prozent zurückkehren, wir werden zu diesem Ziel zurückkehren und dies rechtzeitig." Die EZB werde die Zinsen so lange wie nötig auf ein hinreichend restriktives Niveau setzen, um ihr Inflationsziel zu erreichen. Im August lag die Inflation in der Euro-Zone jedoch noch bei 5,3 Prozent. Die Währungshüter hatten am Donnerstag die Zinsen das zehnte Mal in Folge nach oben gesetzt. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, wurde von 3,75 auf 4,00 Prozent angehoben.

LAGARDE: KEINE DISKUSSION ÜBER ZINSSENKUNGEN

Über mögliche Zinssenkungen wurde auf der geldpolitischen Sitzung Lagarde zufolge nicht gesprochen. "Wir haben keine Zinssenkungen beschlossen, diskutiert oder gar angekündigt", sagte sie. Die EZB werde datenabhängig vorgehen, das Zinsniveau und die Dauer spielten dabei eine wichtige Rolle. Aus den Kursen am Geldmarkt geht aktuell hervor, dass Investoren dort bereits eine erste Zinssenkung im April 2024 mit einer geringen Wahrscheinlichkeit belegen. Bis zur Jahresmitte wird fest mit einer Senkung um einen viertel Prozentpunkt gerechnet.

EZB-Vize de Guindos hält nicht viel von derartigen Börsenwetten. Marktspekulationen auf einen solchen Schritt im Juni 2024 stellten nur eine Wette dar, die sich leicht auch als nicht zutreffend erweisen könne, sagte Lagardes Vize dem Radiosender Cadena Cope. "Das ist eine Wette, die richtig oder falsch sein kann." Aus Sicht von Lettlands Notenbank-Chefs Kazaks würde eine Zinssenkung im April nicht mit dem Konjunkturszenario der EZB übereinstimmen. "Wir haben klar gesagt, dass wir so lange restriktiv bleiben werden, wie es nötig ist, um die Inflation auf zwei Prozent zu bringen," sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.

Auch Kazaks betonte das datenabhängige Vorgehen der EZB. Dabei schloss er sogar weitere Zinsschritte nach oben nicht aus. "Aber wenn uns die Daten sagen, dass wir eine weitere Anhebung brauchen, werden wir das tun", merkte er an. Volkswirte gehen inzwischen davon aus, dass die EZB mit ihrer Zinsanhebung am Donnerstag den Zinsgipfel erreicht hat.

(Bericht von Frank Siebelt, Francesco Canepa, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)