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Deutsche Investitionen nach China trotz Politik-Debatte nahe Rekordwert

20.09.2023
um 11:42 Uhr

- von Sarah Marsh

Berlin (Reuters) - Trotz der politischen Debatte um ein De-Risking gehen deutsche Direktinvestitionen einer Studie zufolge verstärkt nach China.

Unternehmen investierten dort im ersten Halbjahr 10,3 Milliarden Euro, wie aus einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervorgeht, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlag. Dies war zwar ein leichter Rückgang zum Rekordniveau von zwölf Milliarden Euro in den ersten sechs Monaten 2022, aber der zweithöchste Wert überhaupt. In allen ersten Halbjahren zwischen 2010 und 2020 wurde maximal halb so viel in China neu investiert, in der Regel deutlich weniger. "Der Drang nach China ist also weiter auf hohem Niveau." Der Anteil Chinas an allen deutschen Direktinvestitionsströmen ins Ausland kletterte sogar auf 16,4 Prozent. "So bedeutsam war das Land in Relation zum übrigen Ausland noch nie", sagte IW-Experte Jürgen Matthes.

Denn Chinas Anteil an den gesamten Auslandsinvestitionen lag im ersten Halbjahr 2022 nur bei 11,6 Prozent und vor der Corona-Krise 2019 bei 5,1 Prozent. Die gesamten deutschen Direktinvestitionsflüsse ins Ausland hingegen fielen im ersten Halbjahr 2023 mit 63 Milliarden Euro deutlich niedriger als im Vorjahreszeitraum mit 104 Milliarden Euro. "Insgesamt ist der Trend nach China auch in diesem Jahr weitgehend ungebrochen", sagte Matthes. "Obwohl die deutsche Wirtschaft insgesamt sehr viel weniger zusätzlich im Ausland investiert, bleiben die neuen Direktinvestitionen in China fast so hoch wie zuvor." Der Großteil des Geldes stamme aus in China erzielten und dann reinvestierten Gewinnen.

Der Anteil des übrigen Asiens lag im zu Ende gegangenen Halbjahr bei knapp neun Prozent. Dies bezeichnete der IW-Forscher als vergleichsweise hoch - "aber auch nicht außergewöhnlich hoch". Chinas Anteil dagegen sei deutlich gestiegen und wesentlich höher. "Es ist also nicht zu einer Diversifizierung weg von China gekommen, im Gegenteil: Chinas Bedeutung relativ zum übrigen Asien hat noch weiter zugenommen." Es sei insgesamt bemerkenswert, dass fast ein Viertel der deutschen Direktinvestitionen zuletzt nach Asien geflossen sei.

Die Bundesregierung pocht gegenüber der Wirtschaft auf ein De-Risking beim Geschäft mit China, dem wichtigsten Handelspartner Deutschlands. So sollen Abhängigkeiten in Schlüsselindustrien vermieden werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Unternehmen wiederholt aufgerufen, sich bei Lieferketten breiter aufzustellen und beim Ex- und Import etwa mehr mit anderen asiatischen Ländern zusammenzuarbeiten.

(Geschrieben von Klaus Lauer; redigiert von Rene Wagner - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)