Reuters

Nominierte EZB-Bankenaufsichtschefin Buch will Bankenprüfung straffen

20.09.2023
um 15:12 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch will in ihrer künftigen Funktion als oberste EZB-Bankenaufseherin die Prüfung der Geldhäuser straffer gestalten.

Die jährliche Bankenprüfung sei zu lang und zu komplex, sagte sie am Mittwoch in einer Anhörung im Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des EU-Parlamemts in Brüssel. "Als Vorsitzende werde ich mich für eine Vereinfachung und Straffung dieses Prozesses einsetzen - in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und in Abstimmung mit dem Europäischen Parlament." Ihre erste Priorität wäre die Anpassung der Aufsicht an ein sich veränderndes Umfeld. Sie wolle die Überwachung zudem noch proaktiver gestalten. "Meine dritte Priorität wäre eine enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten", sagte Buch.

Der aktuelle Chef der EZB-Bankenaufsicht, der Italiener Andrea Enria, scheidet zum Jahresende nach fünf Jahren aus dem Amt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte die deutsche Ökonomin unlängst im EZB-Rat für den Chefaufsichtsposten nominiert. Das Europäische Parlament muss der Personalie aber zustimmen. Grünes Licht muss dann schließlich der Rat der EU geben. Allerdings hatten sich nach einer informellen Anhörung vor dem ECON-Ausschuss deren Koordinatoren im Sommer einstimmig für die spanische Konkurrentin um den Job, Margarita Delgado, ausgesprochen, die Vizepräsidentin der spanischen Notenbank.

ABGEORDNETE ÄUSSERN UNMUT

Einige Abgeordnete äußerten in der Anhörung ihren Unmut darüber, dass die vormalige Meinung des Ausschusses zu Gunsten von Delgado übergangen worden sei. Diese sei "klarerweise nicht vollständig berücksichtigt worden", sagte etwa Johan Van Overtveldt von der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer. Ernest Urtasun von den Grünen merkte an: "Diese Anhörung findet unter besonderen Umständen statt, nachdem die EZB die Meinung des EU-Parlaments komplett ignoriert hat." So sollten die institutionellen Beziehungen zwischen EZB und EU-Parlament nicht laufen, kritisierte er.

Marco Zanni von der rechten Fraktion Identität und Demokratie warf Buch einen Mangel an relevanter Erfahrung im Bankensektor vor. "Wie glauben Sie, werden sie diese Lücke füllen," sagte er. In ihrer Antwort wies Buch darauf hin, dass sie seit nun fast zehn Jahren im Bundesbank-Vorstand sitze. Und die Bundesbank habe eine starke Rolle in Deutschland in der Bankenaufsicht. Die Bundesbank habe zudem schon "viele schwierige Situationen" durchlebt beim Thema Finanzstabilität. Diesbezügliche Entscheidungen seien eng mit der Bankenaufsicht verknüpft. "Ich bin voll zuversichtlich in meine eigenen Fähigkeiten und Stärken bezüglich dieser Position", sagte Buch.

Die Volkswirtin ist seit 2014 Vizepräsidentin der Bundesbank. Im Bundesbank-Vorstand ist sie aktuell für die Themenfelder Banken und Finanzaufsicht sowie für Finanzstabilität zuständig. Die Ökonomin ist als nationale Vertreterin bereits seit April im EZB-Aufsichtsgremium (Supervisory Board) vertreten und ist Mitglied im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht. Zudem ist sie Mitglied im Ausschuss für Finanzstabilität (AFS). Von 2012 bis 2014 war die gebürtige Paderbornerin Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - auch die "Wirtschaftsweisen" genannt.

Jonás Fernández, ein sozialdemokratischer Abgeordneter, merkte an, Buchs Nominierung verstoße möglicherweise gegen EU-Recht, das der EZB verbiete, einen Kandidaten aus den Reihen ihres eigenen EZB-Rates auszuwählen. Buch ist Stellvertreterin von Bundesbankpräsident Joachim Nagel in dem 26-köpfigen Gremium der EZB, welches über die Zinsen entscheidet. Fernández Äußerungen veranlasten die EZB zu einer raschen rechtlichen Stellungnahme. Darin stellten die Währungshüter klar: "Claudia Buch, die nicht Gouverneurin der Deutschen Bundesbank sondern nur deren Vizepräsidentin ist, ist nicht Mitglied des EZB-Rates." Dass der EZB von einem EU-Abgeordneten vorgeworfen wird, in einem Nominierungsprozess womöglich gegen EU-Recht zu verstoßen, ist ein ungewöhnlicher Vorgang. Gleiches gilt für die sehr schnelle rechtliche Stellungnahme der EZB.

(Bericht von Frank Siebelt; Redigiert von Ralf Banser; NRückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)