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Bank of Japan hält an lockerer Linie fest - Kommt Zinswende 2024?

22.09.2023
um 11:57 Uhr

Tokio (Reuters) - Entgegen dem weltweiten Trend bleibt Japans Notenbank ihrem lockeren geldpolitischen Kurs treu.

Die Bank of Japan (BoJ) erklärte am Freitag, die ultralockere Linie beizubehalten, solange dies mit Blick auf das Inflationsziel von 2,0 Prozent notwendig sei. Die Währungshüter halten an den Zielmarken von minus 0,1 Prozent für die kurzfristigen Zinsen und null Prozent für die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen fest. Notenbankchef Kazuo Ueda nannte als Voraussetzung für eine Abkehr von der lockeren Linie, dass die BoJ zu dem Urteil komme, das Inflationsziel in Sichtweite zu haben.

Er hatte zuvor bereits signalisiert, dass an eine Zinswende nicht vor der Jahreswende zu denken sei. Erst dann werde die BoJ eine gesicherte Datenbasis haben, um beurteilen zu können, ob das Inflationsziel nachhaltig erreicht werden könne oder nicht.

Als eine wichtige Voraussetzung für eine geordnete Abkehr von der Nullzins-Politik gilt, dass die Löhne kräftig genug steigen, um die Inflation um das Zwei-Prozent-Ziel herum zu halten. Laut Ueda haben die Währungshüter darüber gesprochen, dass die kräftigen Unternehmensgewinne ein gutes Omen für die 2024 anstehenden Tarifrunden seien. Doch sehe man derzeit das Schrumpfen der Reallöhne mit Sorge. Die Teuerungsrate liegt mittlerweile den 17. Monat in Folge über dem BoJ-Ziel. Im August lag das von der Zentralbank besonders beachtete Inflationsmaß, bei dem Preise für verderbliche Lebensmittel außen vor bleiben, bei 3,1 Prozent.

ZINSWENDE IM NÄCHSTEN JAHR?

Die Mehrzahl der von Reuters befragten Ökonomen geht davon aus, dass die Zinswende erst nächstes Jahr kommen wird. "Alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen", meint Analyst Kyle Rodda von Capital.com in Melbourne. Die BoJ habe jahrzehntelang versucht, Inflation zu erzeugen. "Und jetzt, da es gelungen ist, will sie nichts überstürzen, um das Erreichte nicht zu verspielen." Auch NordLB-Analyst Tobias Basse verweist darauf, dass die Zentralbank wegen ihrer historischen Erfahrungen die Rückkehr von Deflationsgefahren vermeiden wolle. "Die aktuellen Entwicklungen am Devisenmarkt dürften aber schon recht bald weitere Anpassungen am Prozedere bei der Yield-Curve-Control auslösen", prognostiziert er.

Die Währungshüter in Tokio hatten Ende Juli bereits einen ersten kleinen Schritt getan. Sie entschieden, den umstrittenen Kurs der Zinskurven-Steuerung zwar fortzuführen, die im Fachjargon als Yield-Curve-Control bekannt ist. Doch beschlossen sie, das Instrument flexibler zu nutzen. Sie behielten die Leitlinie bei, die eine Bewegung der 10-Jahres-Rendite um 0,5 Prozent um das Null-Prozent-Ziel herum vorsieht. Sie sehen dies aber nur noch als "Referenzwerte" und nicht mehr als "starre Grenzen".

Nach dem Zinsentscheid der BoJ grenzten die japanischen Aktienmärkte ihre Verluste ein. Für den Yen ging es daraufhin bergab. Er ist wegen dem Zinsabstand zu anderen großen Währungsräumen wie den USA und der Euro-Zone, in denen die Geldpolitik seit vorigem Jahr rasant gestrafft wurde, einem Wertverfall ausgesetzt. Der erneute Rückgang der Landeswährung, der sich in erhöhten Importkosten für das rohstoffarme Land niederschlägt, löste verbale Interventionen in Tokio aus. Die Regierung werde die Entwicklungen am Devisenmarkt mit großer Dringlichkeit beobachten und angemessen reagieren, ohne Optionen auszuschließen, erklärte Hirokazu Matsuno, der Leiter des für die Pressearbeit zuständigen Kainettssekretariats. Japan hatte im September und Oktober 2022 am Devisenmarkt interveniert, um den Yen zu stützen und einen Absturz der Währung abzufedern.

(Bericht von Leika Kihara und Tetsushi Kajimoto, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Hans Seidenstücker. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)