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Kreditvergabe an Unternehmen im Euro-Raum mit kleinstem Wachstum seit 2015

27.09.2023
um 10:52 Uhr

Berlin (Reuters) - Der Kreditfluss an Firmen in der Euro-Zone büßt angesichts der mauen Konjunktur und steigender Zinsen deutlich an Dynamik ein.

Geldhäuser im Währungsraum reichten im August nur noch 0,6 Prozent mehr Darlehen an Unternehmen aus als noch ein Jahr zuvor, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Mittwoch mitteilte. Das ist das kleinste Plus seit Ende 2015. Im Juli hatte das Wachstum noch bei 2,2 Prozent gelegen. Wegen der schwachen Konjunktur halten sich viele Unternehmen mit Investitionen zurück, zumal die Kreditkosten deutlich gestiegen sind. Auch Banken schauen genauer hin, da die Gefahr von Firmenpleiten und Kreditausfällen in diesem Umfeld zunimmt. An die Privathaushalte vergaben die Banken im August 1,0 Prozent mehr Darlehen als vor Jahresfrist. Im Juli lag das Wachstum hier noch bei 1,3 Prozent.

Die EZB hat seit Sommer 2022 im Kampf gegen die Inflation die Zinsen in rasantem Tempo bereits zehn Mal in Folge angehoben - zuletzt Mitte September um erneut 0,25 Prozentpunkte. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, stieg damit von 3,75 auf 4,00 Prozent. Das ist das höchste Niveau seit dem Start der Währungsunion 1999. Mit dem Zinserhöhungskurs will die EZB unter anderem den Kreditfluss und damit auch die Wirtschaft bremsen, so dass der Preisauftrieb im Euro-Raum abnimmt. Die Daten zur Kreditvergabe sind stets eine wichtige Kennziffer für die Währungshüter.

Die Geldmenge M3 schrumpfte im August um 1,3 Prozent. Von Reuters befragte Experten hatten nur ein Minus von 1,0 Prozent erwartet. Im Juli hatte M3 noch um 0,4 Prozent abgenommen. Zu M3 zählen unter anderem Bargeld, Einlagen auf Girokonten sowie Geldmarktpapiere und Schuldverschreibungen. Experten zufolge liefert die Entwicklung der Geldmenge Hinweise darauf, wie sich die Inflation weiterentwickeln könnte. Das Zusammenspiel von Geldmenge und Inflation gilt allerdings inzwischen als sehr komplex. "Der monetäre Preisdruck lässt nach", kommentierte Helaba-Experte Ulrich Wortberg die Entwicklung.

(Bericht von Rene Wagner; redigiert von Sabine Wollrab - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)