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Sparen in Konjunkturflaute - GfK-Konsumklima verschlechtert sich weiter

27.09.2023
um 11:07 Uhr

Berlin (Reuters) - Der private Konsum kann Deutschland vorerst nicht aus der Konjunkturflaute herausholen.

Denn Verunsicherung und eine hohe Sparneigung drücken die Stimmung der Verbraucher auf den tiefsten Stand seit April. Die GfK-Konsumforscher sagen für Oktober einen Rückgang ihres Barometers um 0,9 auf minus 26,5 Punkte voraus. "Damit dürften die Chancen auf eine Erholung der Konsumstimmung noch in diesem Jahr auf Null gesunken sein", sagte GfK-Fachmann Rolf Bürkl am Mittwoch. Ökonomen hatten nur mit einem Rückgang auf minus 26,0 Zähler gerechnet. Die Menschen blicken zwar einen Tick weniger pessimistisch auf die Konjunktur sowie ihre eigenen Finanzen. Auch die Bereitschaft für größere Käufe stieg ein wenig. "Ein deutlicher Anstieg der Sparneigung lässt das Konsumklima allerdings erneut sinken."

Viele Einzelhandelsfirmen bekommen die schlechtere Kauflaune sehr deutlich zu spüren, sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth vom Branchenverband HDE. "Die Kundinnen und Kunden sparen vermehrt, kaufen weniger oder günstiger ein." Aktuell sei noch kein Licht am Ende des Tunnels erkennbar. Für mehr Zuversicht sei auch die Politik gefordert. Kontraproduktiv sei dabei die Debatte um den Industriestrompreis, der nur einzelne Unternehmen begünstige. "Stattdessen braucht es Maßnahmen, um bezahlbaren Strom für alle sicherzustellen." Hierbei helfe ein Absenken der Stromsteuer auf das EU-weit zulässige Minimum.

Die Sparneigung kletterte laut GfK sogar auf den höchsten Stand seit April 2011. Grund dafür "sind eine anhaltend hohe Inflationsrate aufgrund stark steigender Lebensmittel- und Energiepreise", erläuterte Bürkl. "Somit wird der private Konsum in diesem Jahr keinen positiven Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung leisten." Das GfK-Konsumklima sank damit das zweite Mal in Folge. Für eine spürbar bessere Binnennachfrage sei es absolut notwendig, dass die Inflation wieder auf ein erträgliches Maß sinke, betonte die GfK. Die Jahresteuerung in Deutschland liegt bei 6,1 Prozent, dürfte aber im September Ökonomen zufolge auf 4,6 Prozent sinken.

"Der Stachel der Verunsicherung sitzt extrem tief - Zuversicht und Optimismus sind derzeit keine gängigen Vokabeln", sagte Chefvolkswirt Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Stimmung sei zwar stabil, aber auf sehr tiefem Niveau. "Es sind vor allem auch Zukunftsängste, die die Verbraucher hegen", sagte der Konjunkturexperte. "Der Konsum scheint die Wirtschaft schrumpfen zu lassen."

Die führenden Forschungsinstitute haben Insidern zufolge ihre Konjunkturprognosen für 2023 und 2024 gesenkt. Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland dürfte um 0,6 Prozent schrumpfen und nächstes Jahr nur noch um 1,3 Prozent steigen, sagten mehrere mit dem Gutachten für die Bundesregierung vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Herbstprognose wird am Donnerstag offiziell vorgestellt.

Die GfK-Marktforscher sehen auch die Lage am Arbeitsmarkt als Grund für die Verunsicherung der Verbraucherinnen und Verbraucher. "Die steigenden Unternehmensinsolvenzen verstärken die Sorgen vieler Beschäftigter vor Jobverlust." Zudem ist die Bereitschaft der Unternehmen zu Neueinstellungen laut Ifo-Institut so schlecht wie seit gut zweieinhalb Jahren nicht mehr. Auch das Arbeitsmarktbarometer der IAB-Forscher fiel auf den niedrigsten Stand seit dem Corona-Jahr 2020.

(Bericht von Klaus Lauer und Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)