Reuters

Putin berät mit Wagner-Kommandeur Troschew über Ukraine-Krieg

29.09.2023
um 12:22 Uhr

Moskau (Reuters) - Russlands Präsident Wladimir Putin hat einen der ranghöchsten früheren Kommandeure der Wagner-Söldner ins Verteidigungsministerium geholt.

Putin und Andrej Troschew hätten über den bestmöglichen Einsatz von Freiwilligenverbänden in der Ukraine beraten, teilte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau mit. Das Treffen unterstreicht das Bemühen der Regierung zu demonstrieren, dass sie die Kontrolle über die von Jewgeni Prigoschin gegründete Söldner-Truppe hat. Nach dessen kurzer Meuterei im Juni und seinem Tod bei einem Flugzeugabsturz zwei Monate später war die Zukunft der Wagner-Söldner unklar. Sie waren nicht nur eine wichtige Stütze der russischen Armee in der Ukraine. Sie sind auch seit Jahren in afrikanischen Staaten und in Syrien aktiv - und die russische Regierung übt über sie Einfluss aus.

Das Staatsfernsehen zeigte Aufnahmen von der Begegnung zwischen Putin und "Sedoi", wie Troschew sich nennen lässt. Sein Kampfname bedeutet der Grauhaarige. Das Treffen, an dem auch Vize-Verteidigungsminister Junis-Bek Jewkurow teilnahm, fand Peskow zufolge am Donnerstagabend statt. Putin sagte an Troschew gerichtet, man habe darüber beraten, wie "Freiwilligeneinheiten die verschiedenen Kampfaufgaben ausüben können, vor allem natürlich im Gebiet der speziellen Militäroperation". So bezeichnet Russland den am 24. Februar 2022 begonnenen Krieg gegen die Ukraine. "Sie selbst kämpfen seit mehr als einem Jahr in einer solchen Einheit", sagte Putin. "Sie wissen, worum es geht, wie es gemacht wird, Sie wissen, welche Probleme vorab gelöst werden müssen, damit die Kampfarbeit optimal und erfolgreich verläuft." Erwiderungen Troschews wurden nicht gezeigt. Peskow teilte mit, Troschew arbeite jetzt im Verteidigungsministerium.

All dies deutet darauf hin, dass die verbliebenen Wagner-Söldner nun unter Kontrolle Troschews und Jewkurows stehen. Putin hatte den Söldnern schon wenige Tage nach ihrer Meuterei angeboten, sich in die Armee zu integrieren. Zudem habe er vorgeschlagen, dass Troschew Prigoschin als Söldner-Chef ablösen solle, berichtete die russische Zeitung "Kommersant".

"SEDOI" IST HOCHDEKORIERTER VETERAN DES MILITÄRS

Troschew ist ein Veteran der russischen Kriege in Afghanistan und Tschetschenien, wo er sich Auszeichnungen verdient hatte. Für den Sturm auf Palmyra in Syrien gegen die radikal-islamische IS-Miliz wurde er 2016 als "Held Russlands" geehrt und erhielt die höchste Medaille des Landes. Troschew war auch Kommandeur der schnellen Eingreiftruppe des Innenministeriums (SOBR) und stammt - wie Putin und Prigoschin - aus St. Petersburg.

Die Wagner-Einheiten zählten einst mehrere Zehntausend Mann. Prigoschin, der einmal als enger Vertrauter Putins galt, hatte sie unter Veteranen der Armee und zum Teil in Strafanstalten rekrutiert. In der Ukraine wurden die Söldner vor allem in der Schlacht um Bachmut im Osten eingesetzt - der verlustreichsten des Krieges. Prigoschin zog nach der Einnahme der praktisch zerstörten Stadt im Mai seine Kämpfer aus der Ukraine ab. Immer wieder warf er Verteidigungsminister Sergej Schoigu und der Militärführung Inkompetenz vor und kritisierte in derben Worten, seine Männer erhielten nicht genügend Waffen und Munition. Nach der Meuterei gingen einige von ihnen nach Belarus, um dort Spezialeinheiten auszubilden. Andere wechselten zu privaten Militärunternehmen oder schlossen sich der regulären Armee an. Einzelheiten sind nicht bekannt.

Prigoschin schickte seine Privatarmee nach Syrien, Mali, Libyen und in die Zentralafrikanische Republik, um bei der Niederschlagung von Aufständen zu helfen. Zudem verfügte Prigoschins Organisation zumindest damals nicht nur über Militär- sondern auch Bergbauverträge mit den Regierungen und mischte etwa bei der Goldgewinnung mit - ein Grund, warum Vize-Verteidigungsminister Jewkurow in den vergangenen Monaten in mehrere Einsatz-Länder der Wagner-Truppen gereist war.

(Bericht von: Guy Faulconbridge, Sabine Ehrhardt, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)