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Kosovos Außenministerin - Neuer Krieg auf dem Balkan möglich

02.10.2023
um 12:22 Uhr

Berlin (Reuters) - Im Zusammenhang mit den wieder aufgeflammten Spannungen im Kosovo warnt die kosovarische Außenministerin Donika Gervalla-Schwarz vor einem neuen Krieg auf dem Balkan.

"Toleriert die internationale Gemeinschaft das Vorgehen Serbiens, wird es einen Krieg geben", sagte sie am Montag im Deutschlandfunk. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock forderte Serbien zum Einlenken auf. "Die Truppen an der Grenze müssen von Seiten Serbiens reduziert werden", sagte sie in Kiew. Dies sei einheitliche Meinung der 27 EU-Außenministerinnen- und -Außenminister bei ihrem informellen Treffen.

Die kosovarische Außenministerin sagte, Serbien wolle Tatsachen schaffen, um das Kosovo dazu zu zwingen, in Brüssel über territoriale Fragen zu verhandeln. "Zum Glück ist der Versuch vor acht Tagen gescheitert, aber wir wissen nicht, was die Pläne für die Zukunft sind." Sie forderte deshalb die EU auf, den serbischen Status als Beitrittskandidat einzufrieren und Geldzahlungen zu stoppen. Das Vorgehen Serbiens erinnere an das von Russland vor der Invasion in die Ukraine.

Kosovos Präsidentin Vjosa Osmani hatte am Donnerstag seinen nördlichen Nachbarn Serbien und dessen Präsidenten Aleksandar Vucic für die Gewalteskalation im Norden des Kosovo verantwortlich gemacht. Serbien erhebe nach wie vor territoriale Ansprüche auf das Kosovo und versuche, ein "Krim-Modell" zu verwirklichen, sagte sie mit Anspielung auf das russische Vorgehen in der Ukraine.

Vor etwa einer Woche hatten 30 bewaffnete und maskierte Männer in einem Dorf unweit der Grenze zu Serbien das Feuer auf kosovarische Polizisten eröffnet. Nach Polizeiangaben wurden bei den Schusswechseln ein Polizist und drei Angreifer getötet. Seit dem Zwischenfall hatte es Berichte über eine serbische Truppenkonzentration an der Grenze gegeben. Die Nato plant deshalb, ihre Präsenz in dem Westbalkan-Land erhöhen.

Im Kosovo sind derzeit etwa 3400 KFOR-Soldaten stationiert, davon rund 80 Bundeswehr-Angehörige. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), verwies darauf, dass die Zahl erhöht werden könnte. "Die personelle Obergrenze liegt laut (Bundestags-)Mandat ja bei 400 Soldatinnen und Soldaten", sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Das wird weder von der Regierung in Belgrad noch von der serbischen Minderheit im Kosovo anerkannt. Über 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind ethnische Albaner. Im Norden des Landes stellen allerdings die Serben die Mehrheit.

Beide Westbalkan-Länder streben in die EU. Diese hat deutlich gemacht, dass eine Aufnahme nur möglich ist, wenn beide Regierungen ihre Differenzen beilegen. Dazu hatten sich beide Staaten auch verpflichtet. Ein serbischer Einmarsch im Kosovo dürfte die EU-Ambitionen des Landes zunichte machen.

(Bericht von Andreas Rinke und Philipp Krach; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)