Reuters

Haushalts-Einigung in USA lässt Europas Anleger kalt

02.10.2023
um 12:32 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die Billigung einer Überbrückungsfinanzierung zur Vermeidung eines Behörden-Shutdowns in den USA lässt die Anleger an den europäischen Börsen relativ unbeeindruckt.

Der deutsche Leitindex Dax büßte am Montag seine anfänglichen Gewinne wieder ein und lag knapp im Minus bei 15.370 Punkten. Sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, verlor 0,3 Prozent auf 3909 Zähler. Auch in den USA deuteten die Futures auf eine nahezu unveränderte Eröffnung hin.

Die Analysten wiesen darauf hin, dass die am Wochenende beschlossene Maßnahme keine dauerhafte Lösung sei. Mit dem Übergangshaushalt wird die Finanzierung der Bundesbehörden und -einrichtungen zunächst bis zum 17. November gesichert. Sollte es bis dahin zu keiner Einigung zwischen den US-Parteien kommen, werden Bundesbehörden schliessen müssen, da deren Angestellte ohne eines Haushaltsplans keine Lohnzahlung bekommen können. Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, blieb aber gelassen. "Ein Government-Shutdown ist die Regel und nicht etwa die Ausnahme", sagte er. "Dass sich die beiden US-Parteien nicht rechtzeitig auf einen Haushalt einigen und ein Regierungsstillstand verhängt wird, war seit dem Jahr 1976 ganze 21 Mal der Fall."

KONJUNKTURDATEN ENTTÄUSCHEN - ÖL VOR OPEC-TREFFEN IM PLUS

Für lange Gesichter sorgten auch enttäuschende Konjunkturdaten. Die deutsche Industrie hatte ihre Produktion einer Umfrage zufolge im September so stark gedrosselt wie seit fast dreieinhalb Jahren nicht mehr. Auch der anfängliche Optimismus der Anleger nach den am Sonntag veröffentlichten Einkaufsmanagerindizes aus China flaute wieder ab. Die offiziellen Einkaufsmanagerindizes deuteten zwar darauf hin, dass sich die Konjunktur in China verbessert habe, sagte Commerzbank-Ökonom Tommy Wu. Die S&P Global/Caixin-PMIs, die hauptsächlich kleinere und exportorientierte Unternehmen erfassen, zeigten aber in die andere Richtung. "Diese uneinheitlichen Ergebnisse lassen vermuten, dass die konjunkturelle Stabilisierung noch auf unsicheren Beinen steht."

In Erwartung eines Treffens des Ölkartells Opec+ am Mittwoch setzten die Ölpreise unterdessen ihre Rally fort. Die Nordsee-Sorte Brent und die leichte US-Sorte WTI kletterten um jeweils knapp ein Prozent auf 92,81 beziehungsweise 91,43 Dollar pro Barrel (159 Liter). Die Opec+ wird Insidern zufolge voraussichtlich keine Änderungen an ihrer bestehenden Politik mit starken Produktionskürzungen vornehmen.

FRESENIUS UND TELEPERFORMANCE UNTER DRUCK

Bei den Einzelwerten flogen Fresenius aus den Depots. Die Papiere des Gesundheitskonzerns verloren gut zwei Prozent. Einem Medienbericht zufolge befindet sich der in den USA ansässige Fonds KKR in Gesprächen mit Fresenius über den Kauf dessen Fruchtbarkeitskliniken in Spanien und Portugal.

An der Pariser Börse geriet Teleperformance nach einer Herabstufung unter Druck. Die Experten der Deutschen Bank haben die Titel des französischen Callcenter-Betreibers auf "Hold" nach zuvor "Buy" gesetzt. Die Einführung der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Branche dürfte in Zukunft zu stark fallenden Preisen führen, was die Umsätze des Unternehmens belasten könnte, hieß es.

In den USA ermunterte die Genehmigung einer Lizenz als Zahlungsabwickler durch Singapur Anleger zum Einstieg bei Coinbase. Die Aktien der weltgrößten börsennotierten Kryptowährungsbörse stiegen im vorbörslichen US-Geschäft um fünf Prozent.

Gefragt war auch der Bitcoin, der um 5,3 Prozent auf 28.317 Dollar kletterte und damit so teuer wie zuletzt vor zwei Monaten war. "Es ist und bleibt die Hoffnung der Anleger, dass die schwelenden Inflations- und Zinssorgen an Dynamik verlieren und der geldpolitische Gegenwind dies- und jenseits des Atlantiks weiter nachlassen könnte", sagte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research.

(Bericht von Zuzanna Szymanska, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)