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DIW - Diversifizierte Lieferketten versprechen mehr Unternehmenserfolg

15.11.2023
um 08:52 Uhr

Berlin (Reuters) - Ob Mikrochips oder Rechner: Die Mehrheit der deutschen Unternehmen importiert Güter der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) aus einigen wenigen Bezugsländern wie China.

Einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge könnten sie aber erfolgreicher sein, wenn sie den Bezug auf viele verschiedene Länder ausweiten. Davon profitieren würden alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, heißt es in der Untersuchung, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlag.

"Wir haben herausgefunden, dass die deutschen Unternehmen im Mittel aus etwa vier bis fünf Ländern importieren und von dort etwa zwölf Produktarten beziehen" sagte DIW-Experte Alexander Schiersch, der gemeinsam mit Irene Bertschek und Thomas Niebel vom ZEW?Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim die Studie erstellt hat. "80 Prozent dieser Importe kommen tatsächlich aus einem einzigen Land und mindestens zehn Prozent der Unternehmen beziehen komplett alles aus einem Land."

Die Krisen der vergangenen Jahre zeigten die hohe Anfälligkeit der deutschen Wirtschaft gegenüber Störungen der Lieferketten. Der Industriestaatenklub OECD etwa schätzt, dass die Halbleiterengpässe im Automobilsektor zu wirtschaftlichen Ausfällen in Deutschland von etwa 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts geführt haben. Bundesregierung und EU-Kommission streben daher einen Ausbau der heimischen Produktion an, sichtbar etwa in der Förderung des Ansiedlung von Chipherstellern wie Intel. Auch eine stärkere Diversifizierung der Lieferländer würde die Abhängigkeiten verringern.

"Deutsche Unternehmen sind jedoch bei IKT-Importen, insbesondere bei Mikrochips, von wenigen Bezugsländern abhängig", sagte Schiersch. "Fast die Hälfte der Produkte stammt aus einem einzigen Land, nämlich China." Auch die Mehrzahl der übrigen Länder, aus denen IKT-Güter bezogen werden, liege im asiatischen Raum. China habe seinen Anteil in den vergangenen zehn Jahren deutlich ausbauen können, ebenso in kleinerem Ausmaß Taiwan und Vietnam. Außerasiatische Länder wie die USA oder europäische Länder hätten hingegen in den vergangenen zehn Jahren an Anteilen verloren.

Ein möglicher Nachteil einer stärkeren Diversifizierung der Bezugsländer sei, dass sie den Kosten- und Zeitaufwand erhöhen und dadurch die Unternehmen belasten. Den DIW-Berechnungen zufolge gebe es dennoch einen positiven und statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen der Diversifizierung der Bezugsländer und dem Unternehmenserfolg, gemessen an der Wertschöpfung und am Bruttobetriebsüberschuss. "Eine stärkere Diversifizierung der Bezugsländer geht also nicht zwangsläufig zulasten der Unternehmen", so das Fazit von Studienautor Niebel.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)