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Kabinett beschließt Nachtragshaushalt 2023 - Bundestag jetzt am Zug

27.11.2023
um 16:12 Uhr

- von Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung hat den Nachtragshaushalt für 2023 auf den Weg gebracht.

Das Kabinett gab am Montag im schriftlichen Umlaufverfahren grünes Licht dafür, wie das FDP-geführte Finanzministerium in Berlin mitteilte. "Mit dem Nachtragshaushalt 2023 ziehen wir die Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts", sagte Finanzminister Christian Lindner (FDP). Im Klimafonds KTF werden 60 Milliarden Euro aus der Rücklage gestrichen, weil ein Teil der Mittel des Fonds auf verfassungswidrige Weise in den Sondertopf übertragen wurde. Für andere Sondervermögen, insbesondere den Energie-Krisenfonds WSF, müssen neue Kredite in Höhe von insgesamt 44,8 Milliarden Euro aufgenommen werden.

Der Nachtragshaushalt soll einem Reuters vorliegenden regierungsinternen Dokument zufolge bis Mitte Dezember beschlossen werden. Die finale Abstimmung im Bundestag ist demnach für den 13. Dezember geplant, die zweite Befassung im Bundesrat am 15. Dezember.

Mit dem Nachtragshaushalt muss die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erneut und bereits das vierte Jahr in Folge ausgesetzt werden. Dies muss mit einer Notlage begründet werden. In einer Formulierungshilfe für die Ampel-Fraktionen im Bundestag wird auf die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine verwiesen, der zwischenzeitlich zu extremen Preissteigerungen bei Strom und Gas geführt hatte. Dies galt vor allem für den Beginn des Jahres, mittlerweile hat sich die Lage beruhigt. "Die Auswirkungen des Schocks wirken auch 2023 fort und stellen eine außergewöhnliche Störung der Wirtschaftslage dar", heißt es in der Formulierungshilfe. Es sei eine Notsituation, die sich der Kontrolle des Staates entziehe und die Finanzlage erheblich beeinträchtige. Der wiederaufgeflammte Nahost-Konflikt wird nicht erwähnt, auch die Corona-Pandemie nicht mehr.

KLATSCHE AUS KARLSRUHE

Die Karlsruher Richter hatten beanstandet, dass die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP nicht genutzte Corona-Mittel aus Zeiten der Notlage über viele Jahre verteilt im Klimafonds nutzen wollte. Deswegen überprüft die Bundesregierung derzeit auch alle anderen Sondertöpfe. Der WSF wird auf eine neue Grundlage gestellt und soll Ende des Jahres - früher als geplant - eingestellt werden. Hierfür muss die Ampel 43,2 Milliarden Euro an Krediten neu aufnehmen, um geplante Ausgaben in diesem Jahr abzusichern. Konsequenzen werden auch beim Fonds gezogen, der nach der Hochwasserkatastrophe vom Sommer 2021 eingerichtet worden war und dem der Bund 16 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hatte. Hier muss der Bund 1,6 Milliarden Euro nun neu aufnehmen, weil der Fonds in alter Konstruktion nicht einfach weiter genutzt werden kann.

In der Kabinettsvorlage heißt es, die Regierung schaffe mit den Maßnahmen Klarheit und Rechtssicherheit. Alle Ausgaben aus dem KTF für 2023 seien gesichert, für 2024 stünden ausreichend Mittel bereit. Kürzungen dürften damit auf die Jahre ab 2025 geschoben werden. Aus dem WSF finanziert die Regierung vor allem die Strom- und Gaspreisbremsen. Wegen des Urteils der Karlsruher Richter würden dafür nicht mehr Kredite aus dem Jahr 2022 genutzt, sondern neue Kreditermächtigungen geschaffen.

Im regulären Haushalt wird die Nettokreditaufnahme 2023 bei 27,4 Milliarden Euro liegen statt bisher anvisierter 45,6 Milliarden. Hierfür verzichtet die Regierung auf einige Ausgaben und zapft die Rücklagen stärker an.

STREIT UM HAUSHALTSENTWURF 2024 DAUERT AN

Die Verhandlungen über den Etatentwurf 2024 liegen wegen des Urteils auf Eis. FDP-Chef Lindner sieht einen zusätzlichen Sparbedarf von zehn bis 20 Milliarden Euro. Kanzler Olaf Scholz (SPD) dürfte sich am Dienstag dazu in einer Regierungserklärung äußern. Unklar ist noch der genaue Zeitplan zum Haushalt 2024.

In der Ampel ist aber bereits ein Streit entbrannt, ob die Schuldenbremse auch 2024 ausgesetzt bleiben sollte. SPD-Co-Chefin Saskia Esken sprach sich dafür aus. Auch die Grünen wollen diesen Weg gehen, um Investitionen in den Umbau der Wirtschaft Richtung Klimaneutralität nicht zu gefährden. Die FDP ist aber ganz anderer Auffassung: "Sparen ist das Gebot der Stunde", sagte der Fraktionschef der Liberalen, Christian Dürr.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit zufolge soll noch dieses Jahr der Haushalt für 2024 finalisiert werden. Sollte dies angesichts der knappen Zeit nicht mehr gelingen, müsse er Mitte Januar verabschiedet werden.

(Mitarbeit von Andreas Rinke und Alexander Ratz, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)