Reuters

Krach bei Thyssenkrupp - Vorstand erweitert

30.11.2023
um 07:57 Uhr

Düsseldorf (Reuters) - Wenige Wochen vor Weihnachten brennt beim Industriekonzern Thyssenkrupp der Baum.

Die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat übte am Mittwochabend scharfe Kritik am Vorgehen bei der Berufung von zwei weiteren Vorständen. "Mit der heutigen Bestellung von zwei zusätzlichen Vorstandsmitgliedern gegen die Stimmen der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG findet ein Kulturbruch in der Mitbestimmung statt", erklärten die Arbeitnehmervertreter in einer Pressemitteilung. Zum ersten Mal in der Geschichte des Unternehmens seien Vorstände trotz der geschlossenen Ablehnung der Arbeitnehmerseite bestellt worden.

Thyssenkrupp wollte dies nicht kommentieren. Der Konzern hatte zuvor mitgeteilt, den Finanzchef des Mainzer Spezialglasherstellers Schott AG abgeworben zu haben. Jens Schulte solle die Nachfolge des Thyssenkrupp-Finanzchefs Klaus Keysberg antreten. Während diese Personalie nach Angaben der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einstimmig erfolgte, kam es bei der Bestellung zweier zusätzlicher Vorstände, Volkmar Dinstuhl und Ilse Henne, zum Eklat. In dem Gremium sitzen jeweils zehn Vertreter der Kapital- und der Arbeitnehmerseite. Bei einem Gleichstand entscheidet die Doppelstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden. Diese Möglichkeit habe Siegfried Russwurm genutzt, hieß es in Arbeitnehmerkreisen.

"DIE MASKE IST GEFALLEN" - NEUEM CHEF LOPEZ DROHT MACHTKAMPF

"Diese Zäsur wird Spuren hinterlassen und dem bislang ausgewogenen und konstruktiven Dialog im Aufsichtsrat dauerhaft Schaden zufügen", hieß es. Die Kritik richte sich in erster Linie nicht gegen die beiden zusätzlichen Vorstände, sondern vor allem um die Vergrößerung als solche, sagte ein Vertreter der bei Thyssenkrupp stark vertretenen Gewerkschaft IG Metall. "In den Betrieben werden Investitionen gestrichen, ein Sparprogramm jagt das andere und gleichzeitig wird der Vorstand fast verdoppelt ? das ist Wein trinken und Wasser predigen."

In weniger als einem halben Jahr nach seinem Amtsantritt droht dem neuen Vorstandschef Miguel Lopez ein Machtkampf mit der Arbeitnehmerbank, ohne deren Unterstützung Pläne für die Zukunft der Stahlsparte oder die Marine-Werften schwieriger zu vermitteln sein dürften. "Die Maske ist heute gefallen; die Anteilseigner und der neue CEO Lopez brechen mit der bewährten Mitbestimmungspraxis bei Thyssenkrupp."

(Bericht von Tom Käckenhoff, redigiert von Scot W. Stevenson; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

thyssenkrupp AG

WKN 750000 ISIN DE0007500001