Reuters

Angriffe im Roten Meer - Lieferkettenstörungen und höhere Transportkosten drohen

12.12.2023
um 13:42 Uhr

Berlin (Reuters) - Experten warnen vor schwerwiegenden Folgen für die deutsche Wirtschaft durch die sich häufenden Angriffe auf den internationalen Schiffsverkehr im Roten Meer.

"Die jüngsten terroristischen Gefährdungen der Schifffahrt im Roten Meer verschärfen das Risiko von Lieferkettenstörungen auch für die deutsche Wirtschaft", sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Als offenste Volkswirtschaft der G7-Staaten ist Deutschland besonders auf funktionierende Lieferketten angewiesen." Mehr als zehn Prozent des gesamten Welthandels gingen durch das Rote Meer.

Auch das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) rechnet mit Folgen für heimische Unternehmen. "Bei wiederkehrenden Attacken dürften zunächst die Transportkosten steigen, denn Versicherer werden höhere Prämien verlangen und Reedereien kostspielige Sicherheitsmaßnahmen ergreifen", sagte IfW-Handelsexperte Vincent Stamer. Immerhin: Für die Verbraucher sollten sich die Mehrkosten in Grenzen halten. "Da Transportkosten nur ein Bruchteil der Warenwerte ausmachen, dürften Endkunden davon kaum etwas spüren", sagte Stamer. Maximal wären Preissteigerungen von bis zu 0,5 Prozent für günstige Produkte zu erwarten. "Bei teuren Produkten wie Elektronikartikeln dürften Aufschläge mit 0,1 Prozent nicht ins Gewicht fallen", fügte der Handelsexperte hinzu.

Die Huthi-Rebellen im Jemen haben nach eigenen Angaben als Reaktion auf die israelische Militäroffensive im Gazastreifen erneut ein Frachtschiff in der Nähe des Roten Meeres angegriffen. Der norwegische Chemikalien-Tanker "Strinda" sei beschossen worden, nachdem die Besatzung alle Warnungen ignoriert habe, teilte die vom Iran unterstützte Miliz am Dienstag mit. Sie kündigte an, weiterhin Schiffen den Weg in israelische Häfen zu blockieren, bis Israel die Einfuhr von Lebensmitteln und medizinischer Hilfe in den Gazastreifen erlaube. Die schiitische Organisation will damit die radikal-islamische Palästinenser Gruppe Hamas im Krieg gegen Israel unterstützen, die ebenfalls vom Iran unterstützt wird.

Die schwächelnde globale Konjunktur hat dem Welthandel in diesem Jahr ohnehin zugesetzt: Dem Internationalen Währungsfonds zufolge wird er lediglich um 0,9 Prozent wachsen, nachdem es zwischen 2010 und 2020 im Schnitt noch zu durchschnittlich 3,5 Prozent gereicht hatte. "Ein Viertel der deutschen Unternehmen an ihren internationalen Standorten sehen in Lieferkettenstörungen ein Risiko für ihre geschäftliche Entwicklung", sagt DIHK-Experte Treier zu einer Umfrage der Außenhandelskammern. "Die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen im Roten Meer wirken sich zusätzlich negativ auf die internationale Arbeitsteilung und Zusammenarbeit aus."

(Bericht von Rene Wagne, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)