Reuters

Streit über Agrar-Subventionen - "In dieser Härte nicht"

18.12.2023
um 15:32 Uhr

- von Holger Hansen und Christian Krämer und Alexander Ratz

Berlin (Reuters) - Der Haushaltsstreit der Ampel-Koalition geht nach der Einigung der Regierungsspitzen in eine neue Runde.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir will sich dafür einsetzen, dass die Agrar-Hilfen für Landwirte nicht so stark gekürzt werden wie geplant. "Ich halte nichts von den Streichungen in diesem Umfang", sagte der Grünen-Politiker am Montag auf einer Protestkundgebung in Berlin, zu der der Deutsche Bauernverband (DBV) aufgerufen hatte. Verbandspräsident Joachim Rukwied drohte für Januar mit weiteren Protesten, sollten die geplanten Maßnahmen nicht "ersatzlos gestrichen" werden. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte dennoch, die Beschlüsse zum Haushalt 2024 stünden. "Die allgemeine Einigung und auch die grundsätzliche Stoßrichtung bleiben."

Özdemir stellte sich den am Brandenburger Tor protestierenden Landwirten, die aus dem ganzen Land mit Traktoren in die Hauptstadt gefahren waren. Begleitet von Buhrufen betonte der Minister, er habe in der Regierung davor gewarnt, den steuervergünstigten Agrar-Diesel und die Kfz-Steuer-Befreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge abzuschaffen. "Deshalb kämpfe ich im Kabinett dafür, dass es in dieser Härte nicht kommt", sagte Özdemir, dessen Rede mehrfach von Pfiffen und "Ampel weg"-Rufen unterbrochen wurde.

Bauernverbands-Präsident Rukwied kündigte Proteste in einem noch nie dagewesenen Ausmaß an, wenn die Ampel-Regierung an ihren Plänen festhalte. "Wenn diese beiden Maßnahmen nicht gestrichen werden, und zwar ersatzlos gestrichen werden, dann kommen wir wieder, nicht nur nach Berlin", sagte Rukwied. "Dann werden wir ab 8. Januar überall präsent sein in einer Art und Weise, wie es das Land noch nicht erlebt hat. Wir nehmen das nicht hin."

REGIERUNGSSPRECHER: DETAILS WERDEN NOCH AUSGEARBEITET

Die Bundesregierung will bei den Hilfen für Bauern etwa 900 Millionen Euro jährlich einsparen. Dies sieht eine Einigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) zum Bundeshaushalt 2024 vor. Sie vereinbarten, die teilweise Steuer-Rückerstattung beim Agrar-Diesel (etwa 440 Millionen Euro jährlich) und die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge zu streichen. Die Einigung in der vorigen Woche war auch von den Fraktionsvorsitzenden der Ampel mitgetragen worden.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr erklärte die Pläne am Sonntag aber für nicht zustimmungsfähig. Es gehe um faire Wettbewerbsbedingungen für Landwirte im europäischen Vergleich. Lindner habe deshalb bereits zugesagt, der Regierung Alternativen vorlegen zu wollen, wenn die Koalitionspartner zustimmten. Lindner sagte in der ARD, die Bedenken der FDP-Fraktion und Özdemirs müssten "ernst genommen werden".

Regierungssprecher Hebestreit betonte dennoch in Berlin, die Beschlüsse der Ampel-Spitzen zum Haushalt 2024 würden nicht noch einmal aufgeschnürt werden. Die Einigung stehe, die Details zur Umsetzung würden derzeit noch ausgearbeitet. Es gebe wenig Änderungswillen in der Regierung. Die Finanzierungslücke im Haushalt für 2024 werde auf jeden Fall geschlossen. Es werde viel Geld eingespart. "Das führt auch zu schmerzhaften Einsparungen." Trotzdem gebe es keine Pläne, bestimmte Vorhaben zu ändern.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte in Berlin, sollten im parlamentarischen Verfahren Änderungen erfolgen, brauche es Vorschläge zur Gegenfinanzierung. "Das wird die Aufgabe der nächsten Wochen sein." Die SPD wolle sich beim Agrar-Diesel für Veränderungen einsetzen. Wichtig für die Ampel-Spitzen seien vor allem die Gesamteinsparziele, die erreicht werden müssten. Das Gesamtpaket der Ampel-Spitzen werde nicht wieder aufgeschnürt, höchstens wenige Einzelmaßnahmen. Die Vereinbarungen seien trotz einigem Getöse belastbar.

(Redigiert von Christian RüttgerBei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)