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Belgischer Notenbankchef soll zunächst interimsmäßig im Amt bleiben

02.01.2024
um 17:02 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Belgiens Notenbank will an ihrem Gouverneur Pierre Wunsch auch nach Ablauf von dessen Amtszeit übergangsweise festhalten. Der zuständige Regentenrat der Belgischen Nationalbank habe positiv auf eine entsprechende Anfrage von Ministerpräsident Alexander De Croo und Finanzminister Vincent Van Peteghem nach einer Interimslösung reagiert, teilte die Notenbank am Dienstag mit. Die belgische Regierung hatte zwar mitgeteilt, sie würde Wunsch gerne eine weitere Amtszeit geben. Doch bislang hat sie sich nicht auf eine Wiederernennung verständigt. Die fünfjährige Amtszeit von Wunsch war am Montag abgelaufen. Politische Streitigkeiten unter den führenden Parteien hatten in den vergangenen Monaten die Besetzung mehrerer Top-Positionen verzögert.

Der Regentenrat vertrete die Auffassung, dass eine vorläufige Maßnahme notwendig sei, um die Kontinuität und das operative Funktionieren der Bank zu gewährleisten, teilte die Notenbank mit. Diese Interimslösung sei aber suboptimal. Der Rat habe die Regierung daher aufgefordert, so schnell wie möglich eine Entscheidung über die Ernennung eines Gouverneurs zu treffen. Dabei habe er darauf hingewiesen, dass De Croo und Van Peteghem einen baldigen Abschluss der Beratungen über die Wiederernennung von Wunsch in Aussicht gestellt hätten.

Wunsch war Anfang 2019 auf den Chefsessel der belgischen Notenbank gerückt. Im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), der über die Zinsen in der 20-Länder-Gemeinschaft entscheidet, war er einer der ersten Währungshüter, die vor der Hartnäckigkeit der Inflation warnten, als andere noch von einem vorübergehenden Preisschub ausgegangen waren. Die EZB hat seit Sommer 2022 die Zinsen zehnmal angehoben, um die Inflation einzudämmen.

Die politische Hängepartie um die Wiederbesetzung einer wichtigen Notenbank-Position ist nicht nur ein belgisches Phänomen. Hierzulande startete die Bundesbank das neue Jahr mit einem auf die Hälfte geschrumpften Vorstand, weil die Politik sich noch nicht auf Neubesetzungen für drei Positionen im Führungsgremium verständigt hat. Dazu zählt auch die Nachfolge von Vize-Präsidentin Claudia Buch, die zum Jahresbeginn an die Spitze der EZB-Bankenaufsicht gewechselt war. Bei der Nachbesetzung einer der vakanten Positionen dauert die Hängepartie bereits ein ganzes Jahr. Nach dem Bundesbank-Gesetz besteht der Vorstand der deutschen Notenbank aus sechs Mitgliedern.

(Bericht von Balazs Koranyi und Frank Siebelt, redigiert von Olaf Brenner.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)