Reuters

Bauernpräsident droht mit längeren Protesten der Landwirte

10.01.2024
um 08:57 Uhr

Berlin (Reuters) - Der Deutsche Bauernverband droht mit längeren Protesten gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung.

Die Kundgebungen könnten nach Angaben von Verbandspräsident Joachim Rukwied auch nach dieser Woche anhalten, wenn die geplanten Subventionskürzungen für Agrar-Diesel nicht zurückgenommen werden. Kommenden Montag sei eine Großkundgebung in Berlin geplant, sagte Rukwied am Mittwoch im ZDF. "Dann behalten wir uns weitere Schritte vor." Die Bauern bestünden auf der kompletten Rücknahme der geplanten Kürzungen. Denn die gute Einnahmesituation vieler Landwirte in 2023 sei eine Ausnahme gewesen, in diesem Jahr sei bereits wieder mit einem Rückgang zu rechnen.

Rukwied sagte weiter, er habe am Dienstag kurz mit Kanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner gesprochen. Scholz hatte allerdings zuvor betont, dass die Regierung an ihren Kürzungsplänen festhalten werde.

Die Landwirte wollen am Mittwoch ihre Proteste ausweiten, die die ganze Woche fortgesetzt werden sollen. Blockaden hatten bereits am Montag in verschiedenen Teilen Deutschlands zu erheblichen Verkehrsbehinderungen gesorgt.

POLIZEIGEWERKSCHAFT SIEHT BELASTUNGSGRENZE ERREICHT

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht die Einsatzkräfte mittlerweile an der Belastungsgrenze. Die deutschlandweiten Aktionen seien von vielen Menschen unterstützt worden, sagte der Vorsitzende Jochen Kopelke der "Rheinischen Post". "Das heißt, diese große massive Protestwelle wird so schnell nicht abklingen." Viele Einsatzkräfte hätten bisher von friedlichen und geordneten Protesten gesprochen, so Kopelke. Auch Rukwied sagte, er sei mit dem bisherigen Verlauf zufrieden. Zuvor hatte es Warnungen gegeben, dass die Demonstrationen von rechtsextremen Gruppen unterlaufen werden könnten.

Laut einer Forsa-Umfrage für "stern" gibt es für die Protestaktionen großen Zustimmung in der Bevölkerung. 81 Prozent der Befragten gaben an, dass sie Verständnis für die Bauern hätten. Bei 18 Prozent war dies nicht der Fall. Am größten ist die Unterstützung demnach bei den Anhängern der AfD mit 98 Prozent. Bei Wählern von CDU und CSU lag der Wert bei 79 Prozent, bei denen der FDP bei 80, bei der SPD bei 70 und den Grünen bei 61 Prozent.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir sieht in den Bauernprotesten Vorboten einer tiefen Spaltung der Gesellschaft. "Die Menschen auf dem Land haben das Gefühl, abgehängt zu sein. Sie sorgen sich, dass sie in einer zunehmend von Städtern dominierten Politik unter die Räder kommen", sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der "Funke Mediengruppe". "Das ist ein gefährlicher Spaltpilz, der zu Verhältnissen wie in den USA führen kann: Man redet nicht mehr miteinander, man glaubt einander nicht mehr und man unterstellt sich gegenseitig alles Böse dieser Welt." Das Ziel müsse sein, das Land "in der Mitte zusammenzuhalten".

(Bericht von Katharina Loesche und Andreas Rinke. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)