Reuters

China präsentiert sich als Taktgeber der Weltwirtschaft

16.01.2024
um 16:17 Uhr

Davos (Reuters) - Ungeachtet westlicher Kritik präsentiert sich China auf dem Weltwirtschaftsforum als Zukunftsstandort und globaler Wachstumsmotor.

Es gelte, Barrieren für die Zusammenarbeit abzubauen, betonte Regierungschef Li Qiang am Dienstag in einer Grundsatzrede in Davos. Es sei wichtig, Handelsketten "stabil und geschmeidig" zu halten. Die heimische Wirtschaft mache stetig Fortschritte und werde weiterhin Impulsgeber für die globale Konjunktur sein. China bleibe "fest entschlossen", seine Wirtschaft zu öffnen: "Die Entscheidung für eine Investition in den chinesischen Markt ist kein Risiko, sondern eine Chance."

Die EU-Staaten kritisieren Wettbewerbsnachteile auf dem chinesischen Markt, aber auch Chinas Drohungen an Taiwan sowie seine enge Partnerschaft mit Russland, insbesondere mit Blick auf den Ukraine-Krieg. Dieser chinesische Partner Russland ist nach Ansicht von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen mit seinen strategischen Zielen in der Ukraine bereits gescheitert. Statt des von Moskau erhofften schnellen Sieges hätten die ukrainischen Streitkräfte erhebliche Teile der von Russland besetzten Gebiete wieder zurückerobert. "Russlands Scheitern ist auch ökonomisch. Es ist nun abhängig von China", fügte sie in Davos hinzu.

Chinas Präsident Xi Jinping hatte die Europäische Union davor gewarnt, sein Land als Rivalen zu betrachten und auf einen Konfrontationskurs zu gehen. Auf einem Gipfeltreffen in Peking mit EU-Spitzenvertretern erklärte Xi jüngst die Bereitschaft zu einer engeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit.

Die Volksrepublik hat mit Li den ranghöchsten Regierungsvertreter nach Davos entsandt, seit Präsident Xi 2017 das Weltwirtschaftsforum (WEF) besuchte. Li nutzte die Gelegenheit gleich zu einem Treffen mit Spitzenvertretern der Wall Street - darunter dem CEO von JP Morgan, Jamie Dimon, und Blackstone-Chef Steve Schwarzman. An dem vom WEF organisierten Mittagessen nahmen auch der Gouverneur der chinesischen Notenbank, Pan Gongsheng, sowie Mitglieder der Regierung teil. Beim Verlassen des Lunch-Meetings sagte Dimon zu Reuters: "Ich bin froh, dass die Leute miteinander reden."

HIGHTECH-LAND

Die Pekinger Führung hatte zu Jahresbeginn vor einem Zurückdrehen der Globalisierung bis hin zu einem Handelskrieg gewarnt. Hintergrund des Appells war eine Äußerung von IWF-Vizechefin Gita Gopinath, die im Dezember vor einer Spaltung der Weltwirtschaft in zwei Blöcke gewarnt hatte.

Sie bezog sich damit auf ein Szenario, in dem hauptsächlich die USA und Europa den Handel im Westen unter sich aufteilen und sich im Osten ein Pendant aus China und Russland bildet. Durch eine solche Blockbildung könnte das globale Bruttoinlandsprodukt laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um 2,5 bis sieben Prozent gemindert werden.

Li verwies in seiner Rede in Davos darauf, dass das Bruttoinlandsprodukt im Reich der Mitte voriges Jahr Schätzungen zufolge bei 5,2 Prozent gelegen und damit das offizielle Ziel von rund fünf Prozent übertroffen habe. Die Wirtschaft komme mit den Schwankungen der Konjunktur klar. Der Wachstumstrend sei langfristig ungebrochen. Es gebe rund 400.000 Hightech-Unternehmen in China. Auch mit Blick auf neue Technologien wie Blockchain und Cloud-Computing-Dienste würden damit neue Wachstumsfelder erschlossen. Der Industriesektor der Volksrepublik war angesichts schwächelnder Nachfrage im vorigen Jahr unter Druck geraten. Dabei belasteten die weiter schwelende Immobilienkrise und der maue Konsum die Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Krise.

(Bericht von Antoni Slodkowski, Andreas Rinke, Sabine Siebold, geschrieben von Reinhard Becker, redigiert von Elke Ahlswede. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)