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DIW - Frauenanteil in Vorständen hat sich seit 2018 verdoppelt

17.01.2024
um 16:02 Uhr

Berlin (Reuters) - Der Frauenanteil in Vorständen der Privatwirtschaft in Deutschland hat sich einer Studie zufolge seit 2018 verdoppelt.

In der Gruppe der 200 umsatzstärksten Unternehmen außerhalb des Finanzsektors habe er im Spätherbst 2023 bei rund 18 Prozent gelegen, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Mittwoch in Berlin mitteilte. Das seien etwa zwei Prozentpunkte mehr als im Jahr zuvor. In den 40 größten börsennotierten Unternehmen (Dax-40) allein waren es mit 23 Prozent noch etwas mehr. In den Aufsichtsräten liegt der Frauenanteil in den 200 Top-Unternehmen bei rund 32 Prozent.

"Von wenigen Ausnahmen abgesehen steigt die Zahl der Frauen in den Spitzengremien großer Unternehmen seit geraumer Zeit Jahr für Jahr ? mal mehr, mal weniger stark", lautet das Fazit des DIW. Unter dem Strich blieben Frauen aber unterrepräsentiert. Auch in den Aufsichtsräten, wo der Frauenanteil durchgehend höher liegt als in den Vorständen, übersteige er in keiner der untersuchten Unternehmensgruppen die 40-Prozent-Marke.

Dass der Anteil wächst, führt Virginia Sondergeld von der DIW-Forschungsgruppe Gender Economics auf gesetzliche Regelungen zurück. 2021 sei eine Mindestbeteiligung für Vorstände in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen eingeführt worden. Betriebe mit einem Vorstand von vier oder mehr Personen müssen nun mindestens eine Frau in ihre Reihen berufen. "Bei eigentlich allen Unternehmen, die von diesem Gesetz betroffen sind, haben wir gesehen, dass die Zuwächse beim Frauenanteil insbesondere auf Unternehmen zurückzuführen sind, die erstmals eine Frau in den Vorstand berufen haben", sagte Sondergeld.

Die größten Unternehmen des Finanzsektors ? die 100 größten Banken und 60 größten Versicherungen ? lagen mit Blick auf die Frauenanteile in den Spitzengremien bislang deutlich hinter den anderen Top-Unternehmen der Privatwirtschaft. "Zuletzt konnten diese beiden Unternehmensgruppen jedoch aufholen", hieß es. Im vergangenen Spätherbst betrug der Frauenanteil bei den Banken knapp 17 Prozent und bei den Versicherungen bei mehr als 18 Prozent.

Bis ganz nach oben schaffen es weibliche Führungskräfte aber kaum. "Der Vorstandsvorsitz ist leider noch immer eine Männerbastion", sagte Sondergeld. 2023 sei es hier sogar zu Rückgängen gekommen. So habe es im Dax-40 im Jahr 2022 noch zwei Frauen als Vorstandsvorsitzende gegeben, im vergangenen Spätherbst nur noch eine. Im TecDax stünden nur Männer an der Spitze. "Andererseits haben wir bei den Banken einen Zuwachs beim Frauenanteil unter den Vorstandsvorsitzenden gesehen", so die Expertin.

Ein höherer Frauenanteil in Führungspositionen macht sich dem DIW zufolge für andere weibliche Mitarbeiter bezahlt. Die Lohnlücke zu den männlichen Kollegen (Gender Pay Gap) verringere sich dann. Habe sie in Deutschland zuletzt bei 18 Prozent gelegen, so falle sie um mehrere Prozentpunkte kleiner aus. "Auf der obersten Führungsebene sind signifikante Effekte aber erst ab einem Frauenanteil von mehr als 33 Prozent zu erwarten, der vielerorts noch gar nicht erreicht ist", sagte Sondergeld.

Um eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Vorstandspositionen zu erreichen, schlägt das DIW mehr gesetzlichen Regelungen vor. Die zuletzt eingeführten Maßnahmen seien zwar durchaus effektiv, würden aber nur für eine kleine Gruppe von gut 60 Unternehmen gelten. "Das ließe sich ausweiten, so dass mehr Unternehmen die Mindestbeteiligung umsetzen müssen", sagte Sondergeld.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)