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Uneinheitliche Konjunkturdaten halten Börsen in Atem

02.04.2024
um 16:37 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Uneinheitliche Konjunkturdaten haben die Aktienkurse am ersten Handelstag nach dem langen Osterwochenende auf eine Achterbahnfahrt geschickt.

Der Dax konnte am Dienstag sein neues Rekordhoch von 18.567 Punkten nicht halten und notierte am Nachmittag im Vergleich zum Vortagsschluss ein Prozent schwächer bei 18.297 Zählern. Der EuroStoxx50 büßte 0,7 Prozent auf 5044 Stellen ein. Auch die wichtigsten US-Indizes eröffneten schwächer.

Die Inflation in Deutschland ist im März nach den ersten Daten zwar weiter gefallen. Dies schürte zunächst Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB), weil ihre Zielmarke von zwei Prozent bei der Inflation in Sicht kommt. "Auf den ersten Blick kann man sich entspannt zurücklehnen, weil die Inflation wieder fast beim EZB-Ziel liegt", sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. "Aber die Details mahnen zur Vorsicht. Ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel steigen die Verbraucherpreise seit der Jahreswende wieder deutlich schneller als von der EZB angestrebt." Dies gelte besonders für die Dienstleistungspreise, die wegen der stark steigenden Löhne im März unerwartet kräftig zulegten. Auch die gesamte Inflationsrate dürfte in den kommenden Monaten wieder etwas steigen. Für eine Entwarnung an der Inflationsfront für EZB-Zinssenkungen sei es deswegen zu früh.

WICHTIGER ÖLFÖRDERER IRAN DROHT ISRAEL - ÖLPREIS STEIGT

An den Terminmärkten wird die Wahrscheinlichkeit einer ersten Zinssenkung der EZB bei ihrer Sitzung im Juni derzeit auf gut 80 Prozent geschätzt. Vor den deutschen Inflationsdaten waren es mehr als 85 Prozent gewesen.

Die Investoren versuchten gleichzeitig, das unerwartete Wachstum der US-Industrie und der Produktionstätigkeit in China im März zu interpretieren. Die starken Zahlen zur US-Wirtschaft schürten Zweifel, ob die US-Notenbank Fed die Zinsen bald wieder senkt, um der Konjunktur mit der geldpolitischen Straffung nicht allzu sehr zuzusetzen. Positive Nachrichten vom wichtigen Handelspartner China verbesserten dagegen die Perspektiven der deutschen Exportindustrie, sagte Jochen Stanzl, Chefanalyst vom Broker CMC Markets.

Die Ölpreise setzten indes ihre Rally fort. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die US-Sorte WTI verteuerten sich um jeweils knapp ein Prozent auf 88,14 und 84,55 Dollar pro Barrel (159 Liter). Damit kosteten sie so viel wie seit Ende Oktober nicht mehr. "Einerseits deutet die unerwartet gute Konjunktur in China und den USA auf eine künftig steigende Nachfrage hin", sagte Stratege Yeap Jun Rong vom Broker IG. "Andererseits schürt die Beteiligung des wichtigen Produzenten Iran an den Spannungen in Nahost neue Versorgungsängste." Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat Israel nach dem Angriff auf den iranischen Botschaftskomplex in Syrien mit Vergeltung gedroht.

ENERGIEWERTE STEIGEN - IMMOBILIENFIRMEN UNTER DRUCK

Der Anstieg bei den Ölpreisen beflügelte den gesamten Energiesektor. Branchenriesen wie BP und Shell in Großbritannien, Eni in Italien und TotalEnergies in Frankreich legten zwischen 2,8 und 3,6 Prozent zu.

In Deutschland drückten die Zweifel an einer baldigen Zinswende nach den starken US-Konjunkturdaten die Aktien der Immobilienkonzerne. Vonovia, LEG Immobilien und TAG Immobilien verloren zwischen 3,7 und 4,5 Prozent.

Im SDax sprangen Ionos um zwölf Prozent in die Höhe. Der Webhoster und Cloud-Anbieter hat von der Bundesverwaltung einen Großauftrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren erhalten.

(Bericht von Zuzanna Szymanska. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)