Reuters

Bundesbank-Präsident Nagel hält Zinssenkung im Juni nun für wahrscheinlicher

17.04.2024
um 17:52 Uhr

Frankfurt (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte aus Sicht von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel voraussichtlich im Juni erstmals wieder die Zinsen senken.

Der EZB-Rat habe sich nicht festgelegt, sagte Nagel in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der "WirtschaftsWoche". "Wir werden in den nächsten Wochen die eingehenden Daten genau analysieren und dann entscheiden. Aber eine Leitzinssenkung im Juni ist wahrscheinlicher geworden." Entscheidend für die Währungshüter sei die mittelfristige Preisentwicklung.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte am Donnerstag nach der Zinssitzung in Frankfurt die Finanzmärkte auf eine nahende erste Zinssenkung vorbereitet. Dabei komme es auf die Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrundeliegenden Teuerung und der Schlagkraft der Geldpolitik an, hatte sie gesagt. Mehrere Währungshüter hatte bereits auf den Juni als möglichen Beginn einer Zinswende hingewiesen. Die Inflation im Euroraum war im März auf 2,4 Prozent gesunken von 2,6 Prozent im Februar und 2,8 Prozent im Januar. Die EZB-Zielmarke von 2,0 Prozent ist damit in greifbare Nähe gerückt.

Aktuell gingen die Teuerungsraten zurück, sagte Nagel dem Magazin. "Aber es gibt Risiken." Der Ölpreis liege angesichts der Spannungen im Nahen Osten ein gutes Stück höher als im Vorjahr. Gas wiederum habe sich in Europa kräftig verbilligt. "Die Energiepreise werden ein Unsicherheitsfaktor bleiben", so Nagel. In der Lohnentwicklung gebe es ebenfalls Unwägbarkeiten. Für den Euro-Raum sei für dieses Jahr derzeit mit Lohnsteigerungen von 4,5 Prozent zu rechnen. "Wenn die Löhne kräftiger steigen als erwartet, könnte der Preisdruck länger anhalten, vor allem bei Dienstleistungen." Aus Sicht Nagels ist es daher noch nicht völlig klar, ob die Inflationsrate im nächsten Jahr wieder beim EZB-Zielwert von 2,0 Prozent landen wird und dann auf diesem Niveau bleibt.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)