Anlagetrend 3D-Druck: erleben wir bald den Anfang einer neuen Hype-Welle?

27.07.2022
um 10:32 Uhr

Liebe Leser,

der Anlagetrend 3D-Druck, so sinnvoll diese Technologie auch sein mag, war an der Börse schon immer ein Hype-Thema. Kaum kommt ein 3D-Druckhersteller mit den guten News zu seinen Produkten, neuen Kooperationen, oder vllt. bahnbrechenden Technologiefortschritten und schon explodiert die Aktie zweistellig, wobei der gesamte Sektor mitgezogen wird. Was dann meistens folgt, ist der aufkommende Hype, wobei die Wachstumsfantasie stark ausgereizt wird, was die Aktie weiter nach oben treibt. Doch dann folgen meistens schlechter als von der Wall Street erwartete Resultate und die Aktien werden nach und nach abverkauft, bis der Hype-Zyklus sich erneut wiederholt.

Zu der 3D-Druck-Technologie selbst muss man erwähnen, dass sie nicht sonderlich neu ist. Die Geburtsstunde des 3D-Drucks waren späte 1980er Jahren. Der technologische Fortschritt hat es möglich gemacht, bestimmte Bauteile, Spielfiguren etc. on-demand zu drucken. Doch der breite Einzug in industrielle Herstellungsprozesse ließ noch lange auf sich warten, denn das Vertrauen in die neue Technologie war noch nicht vorhanden, zumal Big-Business mit gutfunktionierenden Lieferketten etc. grundsätzlich immer sehr lange braucht, um eine neue Technologie in bereits gut funktionierende operative Prozesse zu integrieren.

Der echte Durchbrunch für die 3D-Druck-Technologie kam jedoch im Jahr 2020 mit der COVID-Pandemie. Diese hat bestehende Lieferketten regelrecht zerstört und globale Spielregeln sehr stark und nachhaltig verändert. In Bezug auf industrielle Fertigung hieß es in einigen Fällen sogar, dass man schnell eine Ersatztechnologie suchen muss, um Herstellungsprozesse aufrechtzuerhalten. Die logische Wahl fiel dann auf 3D-Druck, denn dieser ermöglicht, schnell die notwendigen Artikel und Ersatzteile zu fertigen. Der adressierbare Markt ist dabei sehr groß.

3D-Druck von einfachen Spielzeugen, Plastik- und mittlerweile Metallprodukten, verschiedener Verbraucher-Materialien, Ersatzteile für die Flugindustrie, Medizinsektor, aber auch die Industrie sind nur wenige Beispiele, wo man 3D-Druck sinnvoll einsetzen könnte. Dabei verfügt der gesamte Sektor über eine spezifische Fantasie, wo der 3D-Druck zukünftig bspw. auf Organik übertragen wird, was letztendlich dazu führen könnte, dass man zukünftig im Medizinischen Segment mit dem Druck von einfachen Körperteilen wie eine Nase, oder ein Ohr anfangen wird. Weiter gedacht, wird der technologische Fortschritt zukünftig sehr wahrscheinlich dafür sorgen, dass dieses Knowhow später in den organischen 3D-Druck von Körperorganen mündet. Doch zu diesem Zeitpunkt sind wir noch nicht so weit.

Warum dies eine plausible Annahme ist, erklärt sich von allein, wenn man sich die 3D-Technologie etwas genauer anschaut. Der 3D-Druck-Prozess ist im Großen und Ganzen eine technologische Umwandlung eines computerentwickelten Modells in ein reales dreidimensionales Objekt. Der Druck selbst erfolgt auf Basis einer sequentiellen Schichtung dünner Materialschichten. Grundsätzlich handelt es sich dabei um thermoplastische Materialien verschiedener Art. Dazu gehört sowohl Plastik, Metalle, Keramik, biokompatible und andere Verbundbeimischungen etc. Genau aus diesem Grund nennen wir diese Technologie additiv.

3D-Druck-Technologien variieren also lediglich nur bei den verwendeten Materialien und Geräten, aber der Herstellungsprozess bleibt im Großen und Ganzen immer gleich. An Anfang wird immer ein virtuelles Layout des Objekts/Produkts/Details auf dem Computer erstellt. Dies übernimmt für gewöhnlich ein spezieller Scanner, der ein reales Vorlage-Objekt aus verschiedenen Blickwinkeln sehr genau abfotografiert. Es wird also eine perfekte Kopie eines realen Objekts erstellt.

Seltener verwendet man die 3D-Software-Modelierung. Dies ist meistens der Fall, wenn ein neues Produkt entwickelt werden soll. Dies ist meistens bei Auto- und Flugzeugmodellierung der Fall. Denn ein neues Detail wie z.B. ein Autospoiler lässt sich schnell in einer verkleinerten Version drucken und kann sofort im Windkanal getestet werden. Dies ist günstiger, spart aber nicht nur das Geld, sondern auch die Zeit. Nachdem also eine digitale Kopie des Objekts, oder ein Software-erstelltes Unikat gemacht sind, kommt die 3D-Software ins Spiel und schneidet das Objekt in dünne horizontale Schichten. Das fertige Druck-Schema wird anschließend in den 3D-Drucker hochgeladen, wo der 3D-Printer letztendlich mit dem Druck anfängt.

Zu den Anwendungsgebieten muss man hier nicht viel erzählen. Ein 3D-Scanner kann ja jedes reales Objekt kopieren und das, was in der Natur noch nicht existiert, kann man mit Hilfe der 3D-Modilierung-Software erstellen. Und so ist das Anwendungsgebiet des 3D-Drucks potenziell unendlich groß.

Wo 3D-Druck aktuell seine Anwendung findet und/oder getestet wird:

Gesundheitswesen: Erstellung von orthopädischen Orthesen und Prothesen, Zahnmedizin, Transplantationsmedizin, Herstellung von Prothesen;Luft-/Raumfahrt und Automobilindustrie; Modellierung, Prototyping, Druck von einfachen Ersatzteilen;Industrielle Fertigung/Robotik: Druck von Maschinenteilen und Anlagen; Bauindustrie: Erstellung von 3D-Gebäude-Modellen und der Druck von einzelnen Bauteilen;Haushaltsgegenstände/Konsumelektronik/Mode: hier geht es um den simplen Druck von Smartphone-Hüllen, Sammlerfiguren, Schuhen, Schmuck und Dekorgegenständen;Schließlich ist es die Lebensmittelproduktion: Insbesondere wird der 3D-Druck im Süßwarengeschäft verwendet. Dazu gehören Schokoladenfiguren, Geleeformen und andere Desserts.

Das größte Umsatzpotenzial lauert derzeit selbstverständlich in den Bereichen der industriellen Fertigung und Medtech-Segment. Doch der Anwendungsbereich wird kontinuierlich erweitert.

Was Industrie-Maßstäbe angeht, so steck der 3D-Druck-Trend-Segment noch in Kinderschuhen. Ende 2021 betrug das Volumen des Markts für additive Druckfertigung (inkl. Verbrauchsmaterialien und 3D-Drucker-Verkäufe) rund 15 Mrd. USD. In den kommenden Jahren prognostizieren die Experten ein jährliches Wachstum des Segments um mehr als 24 %. Bei dieser Geschwindigkeit wird sich das Volumen des 3D-Druckmarktes bis Anfang 2029 mehr als verfünffachen. Und allein das ist Grund genug, um sich eine Watchlist von potenziellen Top-Stocks zu erstellen. Zumal aktuell all diese Werte mega-stark angeschlagen sind und vor dem Hintergrund einer langfristigen Investment-Perspektive mit einem guten CRV locken.

Und so gelangen wir auch schon zu der Übersicht von 3D-Top-Stocks, die man zumindest auf der Watchlist haben sollte.



https://viz.traderfox.com/peer-group-tabelle/US88554D2053/LS/3d-systems-corp/aktien-21262-48287-16776355-301489-1723972

Den Anfang macht heute die Aktie von 3D-Systems (DDD). Der Konzern produziert und vertreibt Hardware, Software und Materialien für die additive Fertigung. Am häufigsten werden die DDD-Produkte in der Luft- und Raumfahrt-, Automobil-, Halbleiter- und Gesundheitsindustrie eingesetzt. Im Jahr 2021 kündigte 3D Systems zwei interessante Übernahmen an. Das Unternehmen vereinbarte die Akquisition von Titan Additive,- einen Entwickler und Hersteller von großformatigen industriellen 3D-Druckern, sowie von Kumovis, - einen deutschen Anbieter von additiven Fertigungslösungen für personalisierte medizinische Anwendungen. Und hier wird die Trendperspektive, die DDD anpeilt (Industrielle Fertigung und Gesundheitswesen) sehr gut sichtbar.



Die Nummer zwei ist heute die Aktie des 3D-Druck-Konzerns Stratasys (SSYS). Der Konzern gehört zu den führenden Anbietern im 3D-Drucks-Segment und führte zuletzt neue 3D-Drucker ein, mit denen man den Multimilliarden-Markt für Additive Manufacturing von Endverbraucherteilen adressiert. Mittelfristig will man vor allem durch neue 3D-Drucker in den Bereichen Medizin- und Dentaltechnik wachsen, womit man ebenfalls einen attraktiven Wachstumsmarkt adressiert. Doch mit den im Mai kommunizierten Q1-Zahlen wurde eine sehr interessante Tendenz sichtbar, die eine Trendwende bei SSYS einleiten konnte.

Stratasys leidet ja wie viele andere innovative Unternehmen unter starken Verlusten, die mit den Kosten für die Einführung neuer Technologien in etablierte Produktionsprozesse verbunden sind. Der Bericht für das erste Quartal 2022 zeigte jedoch die Fähigkeit von Stratasys, die Rentabilität zu verbessern. Im vergangenen Quartal stieg die Bruttomarge von Stratasys auf 42,6 %, der Umsatz stieg im Vergelich zum Vorjahreswert um 21 % auf 163,4 Mio. USD (Konsens: 157,56 Mio. USD). Das EPS von 0,02 USD fiel ebenfalls besser als die erwarteten -0,04 USD aus. Stratasys erweitert dabei seine Produkt-Basis an 3D-Druckern, u.a. auch für medizinische Anwendungen. Und dadurch entsteht ein stetiger Cashflow aus dem Verkauf von Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen.

Dies ist ein altbewährtes Geschäftsmodell, wobei Grundausrüstung (3D-Drucker) relativ günstig verkauft wird, um später die Gewinnmarge durch den kontinuierlichen Verkauf von teureren Verbrauchsmaterialien und Ersatzteilen zu steigern. Und diese Strategie scheint sehr gut anzulaufen. Q1/22 war dabei das erfolgreichste Quartal von Stratasys seit sechs Jahren. Neben der Verbesserung der Profitabilität steigerte das Unternehmen den Umsatz mit 3D-Druckern und zugehörigen Materialien und Dienstleistungen um beachtliche 36,7 %. Die ist u.a. auf die gute Produktqualität und die Kundenloyalität zurückzuführen, denn selbst in Zeiten einer harten Konkurrenz scheinen sich die Kunden immer noch für SSYS-Produkte zu entscheiden, obwohl es viele verschiedene und günstigere Verbrauchsmaterialien auf dem Markt für den 3D-Druck gibt.

Produkt-technisch war es der zuletzt eingeführte Origin P3-Drucker aus der Stratasys Neo Produktlinie, der mit guten Absatzzahlen für Aufsehen gesorgt hat. Der Drucker ist für die Großserienproduktion entwickelt worden. Dies ist besonders wichtig: Der 3D-Druck entwickelt sich ja zu einer vollwertigen Industrietechnologie, während man bisher eher nur in engen Nischen wie dem Prototyping zum Einsatz kam. Für Stratasys bedeutet diese Skalierung mehr Umsatz und eine weiter verbesserte Profitabilität, so die Annahme der mittel- langfristigen Wachstumsstory, die schon bald durch Q-Zahlen bestätigt werden könnte.



Die Nummer drei ist heute die Aktie von Protolabs (PRLB). Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Erstellung von Prototypen und Fertigteilen im individuellen Auftrag. In dieser Nische ist Proto Labs einer der größten und schnellsten Hersteller: In der Regel dauert es nur wenige Tage, um einen Teil jeglicher Komplexität zu erstellen. Der Konzern bietet also eine schnelle, kostengünstige Fertigung von kundenspezifischen Teilen für Prototyping und Kurzzeitproduktion. Dazu hat PRLB in seinen Locations große Fertigungshallen eingerichtet, wo 3D-Druckservices für kleine und mittlere Unternehmen offeriert werden. Diese sparen sich den Aufbau von Prototypen-Fertigungen und können Kleinserien über 10.000-15.000 Einheiten über Proto Labs abwickeln.

Seit 2014 setzt Proto Labs auf additive Fertigungstechnologie. Insgesamt arbeitet das Unternehmen in vier Richtungen: Spritzguss, Umsatzwachstum +4 % gegenüber dem Vorjahr. CNC-Bearbeitung (dies sind automatisierte Maschinen, die Operationen nach einem bestimmten Programm ohne direktes menschliches Eingreifen ausführen können), +41 %. Der eigentliche 3D-Druck, +17 % und die simple Blechproduktion: +24 %. Dabei machte der eigentliche 3D-Druck Ende 2021 nur 14,8 % der Gesamtumsätze aus. Und dies sorgt im gewissen Sinne für Wachstumsfantasie. Denn das Unternehmen verfügt schon jetzt über die Erfahrung und Expertise. Sollte es also zu der deutlich breiteren Adoption des 3D-Druick-verfahren kommen, so würde auch PRBL deutlich größere Fertigungsaufträge bekommen. Wenn also neue Generationen von 3D-Druckergeräten auf den Markt kommen, wird der Konzern seine Fertigung damit rasch ausstatten. Und das dürfte den Auftragsfertiger noch relevanter für seine Kunden machen, so die mittelfristige Annahme, die PRLB begleitet.



Abschließend muss man auch sagen, dass der 3D-Druck-Trend sich auch über andere Aktien wie HP, Align Technology (ALGN) etc. spielen lässt. Doch letztendlich braucht man hier zunächst immer eine stärkere Hype-Stimmung, sodass diese Trendrichtung von den Marktteilnehmern erneut entdeckt wird.