Die Verunsicherung ist da.

21.02.2018
um 17:29 Uhr

Die Verunsicherung ist da. Die Emotionen bestimmen das Handeln und die Märkte neigen zu panischen Übertreibungen. Spätestens nachdem der Dow Jones teilweise mit fast -7 % hinten lag, gingen die Märkte in den Ausverkauf über. So mündete die rekordverdächtige Jahresanfangsrally ganz plötzlich in einem Mini-Crash.

Ob diese Korrektur gut oder schlecht war oder ob sie den Anfang einer nachhaltigen Abwärtsbewegung einleitete, lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht feststellen. Sie ist aber eindeutig als ernstzunehmendes Warnsignal zu interpretieren. Aber genau da, wo Angst und emotionales Verhalten dominieren, entstehen auch die größten Chancen, denn die Marktteilnehmer werden in ihren Entscheidungen immer irrationaler und lassen sich von der allgemeinen Stimmung treiben. Rationale Trader und Investoren, die ein gesunden Maß an Geduld und Ruhe aufbringen können, werden dagegen öfter belohnt und bekommen eine lukrative Möglichkeit, bei dem einen oder anderen Top-Stock deutlich günstiger einzusteigen.

In dieser Ausgabe konzentrieren wir uns auf großkapitalisierte Tech-Stocks, die nicht nur zu den jeweiligen Sektor-Leadern gehören, sondern auch über eine aussichtsreiche Wachstumsperspektive verfügen, die zukünftig in einem überproportional starken Wachstum münden könnte.

Den Anfang macht heute der mit rund 698 Mrd. USD kapitalisierte E-Commerce-Gigant Amazon (AMZN). Und in diesem Fall scheint wirklich alles nach dem Plan von Jeff Bezos zu laufen. Das Unternehmen entwickelt sich weiterhin zielstrebig Richtung Weltmacht und dringt immer wieder in neue Geschäftsfelder vor und fühlt sich dabei von milliardenschweren Branchen abgezogen.

Nach der rasanten Eroberung des E-Commerce-Bereichs setzt Amazon in seiner zukünftigen Entwicklung auf die Expansion?in das klassische Retail-Store-Geschäft. Man hat mittlerweile richtig erkannt,?dass man darum nicht herumkommen wird, wenn man sich zum globalen und unangefochtenen Marktführer entwickeln möchte. Daher setzt man auf eine gesunde Mischung aus Online- und Offline-Stores. Aus diesem Grund wäre auch eine baldige Übernahme eines bereits etablierten Retailers wie z. B. Taget (TGT) durchaus wahrscheinlich. So würde der Konzern von Jeff Bezos nicht nur physische Stores bekommen, sondern auch das weitverzweigte Infrastrukturnetzwerk samt einer breiten Kundschaft mit verschiedenen Zielgruppen, die bis zuletzt nicht erreichbar waren.

Im digitalen Segment sieht Amazon seine Zukunft aber eindeutig in der Cloud. Wie rasant sich das Wachstum in diesem Segment rund um die Amazon Web Services (AWS) entwickelte, sah man in den jüngsten Quartalszahlen. Der Spartenumsatz verbesserte sich um 45 % auf 5,1 Mrd. USD. AWS ist eine gewerbliche Cloud-Sparte, über die Unternehmen bei Amazon IT-Dienste und Speicherplatz im Internet buchen können. Damit kann Amazon sehr hohe Gewinnmargen realisieren, die sich mit der zunehmenden digitalen Transformation in einer viel höheren Profitabilität widerspiegeln werden.

Gleichzeitig gewinnt man immer mehr Kundenloyalität durch umfangreiche Prime-Angebote wie z. B. den Expressversand und verschiedene Streamingdienste, die selbstverständlich auch über die eigens entwickelte, KI-basierte Sprachassistentin Alexa erreichbar sind. Potenziell hat man hier bereits ein Gerät entwickelt, das im Rahmen einer SmartHome-Umgebung zur Steuerung zukünftiger IoT-Geräte wie Fernseher, Kühlschränke, Kaffeemaschinen, aber auch smarte Lichtschalter und Thermostate benutzt werden könnte. Die Erlöse aus den Abogebühren wuchsen im Weihnachtsquartal um 49 % auf 3,2 Mrd. USD.

Insgesamt stieg der Q4-Umsatz im Vergleich zum Vorjahreswert um 38,2 % auf 60,5 Mrd. USD. Der Nettogewinn hat sich mehr als verdoppelt, knackte die Marke von 1. Mrd. USD und kam bei 1,9 Mrd. USD oder 3,75 USD je Aktie raus, was deutlich über den vom Konsens erwarteten Gewinn von 1,85 USD je Aktie lag. Im Wesentlichen profitierte das Unternehmen von der angelaufenen US-amerikanischen Steuerreform, wobei man eine Steuergutschrift von 790 Mio. USD verbuchen konnte. Damit dürfte der Riese sein Wachstum und seine Expansion weiter fortsetzen können.

Ein weiteres Top-Technologie-Unternehmen, das man auf der Watchlist haben sollte, ist der mit rund 705 Mrd. USD kapitalisierte Konzern Microsoft (MSFT). Auch in diesem Fall liegt der besondere Fokus auf der Entwicklung des Cloud-Geschäfts, die wir in den vergangenen Ausgaben intensiv thematisiert haben.

Im Fall von Microsoft kann man sagen, dass die Sparte rund um Cloudaktivitäten zum wichtigsten Wachstumstreiber des Konzerns geworden ist, und dass die Entwicklung weiterhin kontinuierlich an Fahrt gewinnt. Hier gab es schließlich im vergangenen Quartal ein Umsatzplus von 56 % auf mittlerweile 5,3 Mrd. USD. Besonders stark war die Entwicklung rund um die Cloud-Plattform für Unternehmen, Azure. Hier verzeichnete man ein Umsatzplus von 98 %, womit man den Druck auf Amazon Web Services weiter erhöhen wird. Sehr stark war auch die Entwicklung rund um kommerzielle Softwareservices wie Office 365, bei denen man eine 41%ige Umsatzsteigerung verzeichnete.

Das Businessnetzwerk LinkedIn konnte mit einem 20%igen Wachstum auf 1,3 Mrd. USD ebenfalls positiv zum Konzernergebnis beitragen. Schließlich verzeichnete auch die Gaming-Sparte ein Wachstum von etwa 8 %, was auf das erfolgreiche Geschäft mit der Xbox One X zurückzuführen ist. Wie man also unschwer erkennen kann, ist der Windowskonzern weiter auf Wachstumskurs und kann entlang aller Businesssegmente deutliche Erfolge vorweisen, wobei seine Zukunft genau wie bei Amazon eindeutig in der Cloud liegt. In das neue Jahr startete MSFT mir der Übernahme von Avere Systems, einem führenden Anbieter von Hochleistungs-NFS- und SMB-Dateisystemspeichern für Windows- und Linux-Clients. Angepeilt werden sowohl hybride, Vor-Ort- als auch cloudbasierte Umgebungen. Damit dürfte MSFT seine Expertise bei großangelegten Workloads erweitern können und somit neue Kunden aus der Unterhaltungsindustrie, aber auch im Bereich der Hochschulbildung und -forschung gewinnen können. Denn zu den bisherigen Avere-Systems-Kunden zählen mittlerweile Sony (SNE), die Library of Congress sowie der Robotik- und Halbleiterprofiteur Teradyne (TER).

Was die absoluten Zahlen von Anfang Februar angeht, so stieg der Q2-Umsatz im Vergleich zum Vorjahreswert um 12 % auf 28,92 Mrd. USD (28,39 Mrd. USD). Das operative Ergebnis verbesserte sich dabei um 10 % auf 8,7 Mrd. USD. Das EPS von 0,96 USD lag über den erwarteten 0,86 USD. Was das starke Ergebnis allerdings überschattete, war die Auswirkung der angelaufenen US-amerikanischen Steuerreform, wobei das Unternehmen wegen Einmalbelastungen einen Q2-Nettoverlust von 6,023 Mrd. USD verzeichnen musste. Langfristig dürfte die Steuerreform aber ihre positive Wirkung entfalten. Damit bleibt der Wert weiterhin einer der interessantesten Wachstumskandidaten für 2018.

Bei dem nächsten Wachstumskandidaten, der ebenfalls rund um E-Commerce- und Cloud-Trends gespielt wird, müssen wir unseren Blick Richtung Fernost richten. Es ist die mit rund 462,62 Mrd. USD kapitalisierte Schöpfung von Jack Ma: Alibaba (BABA), das größte E-Commerce-Unternehmen in China.

Die Wachstumspotenziale der nächsten Jahre resultieren aus der zunehmenden Mittelschicht. Diese kauft nun aufgrund des steigenden Wohlstandes viel öfter höherwertige Waren ein. Experten gehen davon aus, dass China 2020 mit einem Volumen von 1,7 Bio. USD den weltweit größten Online-Retail-Markt bilden wird. Alibaba wird daher dynamisch beim Umsatz zulegen können.

Das Geschäftsfeld rund um Cloud-Dienste entwickelt sich ebenfalls sehr dynamisch und überzeugt mit dreistelligen Wachstumsraten. Gleichzeitig gab der Konzern bekannt, einen 33%igen Anteil beim Finanzdienstleister (Alipay-Zahlungsabwickler) Ant Financial erworben zu haben. Damit baut Alibaba seine Wettbewerbsposition angesichts der zunehmenden Konkurrenz durch Tencent und JD.com weiterhin konsequent aus. Bemerkenswert ist hier auch die Tatsache, dass Apple (AAPL) im Kampf um den chinesischen Markt eine Kooperation mit Alibaba eingeht und die heimische und sehr beliebte Alipay-Bezahl-App in seinen chinesischen App-Stores neben seinem eigenen Zahlungssystem Apple Pay akzeptieren wird.

Als einer der wichtigsten Wachstumstreiber von Alibaba erweist sich jedoch genau wie bei AMZN und MSFT das zukunftsträchtige Cloud-Geschäft. Hier verzeichnete der chinesische Riese im vergangenen Quartal einen 104%igen Umsatzanstieg auf 533 Mio. USD. Auch im Kerngeschäft rund um den E-Commerce konnte man weiterhin starke Resultate vorweisen. Die Anzahl der mobilen Nutzer stieg um 31 Millionen und liegt mittlerweile bei insgesamt 580 Millionen. Als Wachstumstreiber in dieser Sparte fungiert u. a. die steigende Kaufkraft der chinesischen Gesellschaft – vor allem die der Mittelschicht – und die stärkere Internetdurchdringung, womit auch abgelegene chinesische Wirtschaftsgebiete an das globale Handelsnetz angeschlossen werden.

In trockenen Zahlen ausgedrückt steigerte Alibaba im vergangenen 3. Quartal seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahreswert um 56 % auf 12,76 Mrd. USD (Konsens: 12,68 Mrd. USD). Das EPS von 1,63 USD lag knapp unter den erwarteten 1,67 USD. Im Anschluss an die positive Wachstumsdynamik hat der Konzern auch seine FY18-Prgnose angehoben und rechnet für das laufende Fiskaljahr mit einem Umsatzwachstum im Bereich von 55–56 % statt den vorher angepeilten 49–53 % (Konsens: 36,65 Mrd. USD), womit die Annahme einer Wachstumsperspektive in Richtung der E-Commerce- und Cloud-Dominanz in China und ganz Asien weiterhin völlig intakt wäre.

Schließlich ist da noch die Aktie des zweitgrößten chinesischen Online-Game-Anbieters – NetEase (NTES). Das mit rund 41,19 Mrd. USD kapitalisierte Internettechnologieunternehmen durchläuft derzeit eine interessante Entwicklung, wobei ein zweites Standbein im E-Commerce-Segment aufgebaut wird.

Insgesamt erlebte das Unternehmen in den vergangenen Jahren auf der Suche nach einem profitablen Businessmodell eine fulminante Entwicklung und tangiert mittlerweile gleich mehrere Zukunftstrends. Nun will sich die Nummer zwei unter den Online-Gaming-Anbietern in China auch im lukrativen und schnell wachsenden E-Commerce profitabel positionieren und dabei stärker gegen chinesische Großkonzerne wie Alibaba (BABA), JD.com (JD) oder auch Tencent Holding antreten.

Im Frühling 2017 verkündete NTES ein 11. Mrd. USD schweres Investitionsprogramm in Waren und Produkte, um sich somit via eigener NetEase-Kaola-E-Commerce-Plattform im lukrativen und schnell wachsenden E-Commerce-Markt profitabel positionieren zu können. Und das Ergebnis ließ nicht lange auf sich warten. Wie es aus den jüngsten Quartalszahlen hervorgeht, legte der Umsatz im E-Commerce-Segment im Vergleich zum Vorjahreswert um sagenhafte 175 % auf 715,3 Mio. USD zu und war damit für etwa 32 % der Gesamterlöse verantwortlich. Die ist eine sehr wichtige Entwicklung. Und warum das so ist, sieht am an den rückläufigen Umsätzen im Kerngeschäft rund um die Online-Game-Services. Der Q4-Umsatz fiel hier im Vergleich zum Vorjahreswert um 10 % auf 1,2 Mrd. USD. Daher versucht das Unternehmen hier neue Wachstumsimpulse zu finden und tangiert mit seinen Streaming-Angeboten den E-Sport-Trend. Wobei man erwartet, dass NetEase mit dem Start der Overwatch-League eine der offiziellen Streaming-Plattformen von Overwatch in China sein wird.

Auch die Erweiterung der internationalen Präsenz dürfte in zunehmenden Maßen eine wichtige Rolle in der Konzernentwicklung spielen. Dabei soll das NTES- Blockbuster-Mobile-Game Onmyoji schon im 1. Quartal des kommenden Geschäftsjahres 2018 in den USA und Kanada starten. Großes Potenzial dürfte auch in den Mobile-Games Knives Out und Terminator 2: Judgment Day lauern. Diese kamen im vergangenen November auf den Markt und haben bereits eine sehr große Gamebase generiert. Knives Out hat mittlerweile mehr als 100 Millionen registrierte Nutzer in zehn Ländern und Terminator 2: Judgment Day bringt es auf 80 Millionen registrierte User. Damit scheint das Unternehmen weiter auf Wachstumskurs zu sein. Besonders interessant sieht dabei die Investmentinitiative im E-Commerce und der angestrebte Ausbau der Kaola-Plattform aus, denn sowohl der asiatische Cross-Border-E-Commerce-Markt als auch das Gaming-Segment befinden sich in einer dynamischen Wachstumsphase.

Viel Erfolg und bleiben Sie profitabel!