Reuters

40-Milliarden-Übernahme elektrisiert Pharmabranche

27.07.2015
um 14:51 Uhr
- von Patricia WeissFrankfurt (Reuters) - In der Pharmabranche steigt das Fusionsfieber auf neue Rekordwerte. Der weltgrößte Generika-Anbieter Teva kauft für 40,5 Milliarden Dollar die Nachahmer-Medikamente des amerikanischen Botox-Herstellers Allergan. Im Rennen um den US-Konkurrenten Mylan geben sich die Israelis dagegen geschlagen und ziehen ihre ebenfalls 40 Milliarden Dollar schwere Offerte zurück. Mit der Akquisition baut Teva seine Marktmacht klar aus. Die Ratiopharm-Mutter steigt nach eigener Darstellung in die Riege der weltweit zehn größten Pharma-Konzerne auf. Mit der Übernahme werde das Fundament für langfristiges Wachstum gelegt, sagte Teva-Chef Erez Vigodman.Anleger applaudierten: Teva-Aktien stiegen an der Börse in Tel Aviv um knapp zwölf Prozent und erzielten damit den größten Kurssprung seit drei Jahren. Allergan-Papiere kletterten im vorbörslichen US-Geschäft auf ein Rekordhoch von 325,15 Dollar. Im Sog der Konkurrenz stiegen auch die Anteilsscheine des deutschen Generika-Herstellers Stada, die mit einem Plus von einem Prozent einziger Gewinner im Nebenwerte-Index MDax waren. "Es macht Sinn, dass Teva jetzt zugeschlagen hat und sich nicht länger mit Mylan rumgeschlagen hat, die kein Interesse hatten", sagte Branchenexperte Ulrich Huwald von der Privatbank MM Warburg.Reuters hatte bereits am Freitag von einem Insider erfahren, dass Allergan eine Aufspaltung erwägt und das Geschäft mit Nachahmer-Medikamenten ganz abgetrennt werden könnte. Diese Entwicklung kam Teva offenbar gerade recht. Denn im Übernahmekampf um Mylan musste der Konzern jüngst einen Rückschlag hinnehmen. Die unabhängige niederländische Stichting-Foundation von Mylan hatte eine Kaufoption gezogen, die ihr vorübergehend ermöglicht, die Mehrheit an dem US-Unternehmen zu erwerben. Mylan hatte zuvor die Übernahmeofferte von Teva zurückgewiesen und will selbst den irischen Arzneimittel-Hersteller Perrigo für 34 Milliarden Dollar kaufen. Dieses Buhlen galt auch als Versuch, sich gegen einen Kauf durch Teva zu stemmen.FUSIONSWELLE ERREICHT NEUEN HÖHEPUNKTDie Pharmabranche wird derzeit von einer Reihe von Übernahmen umgewälzt. Unter anderem heizen hohe Forschungskosten und der Ablauf von Patenten auf lukrative Medikamente die Fusionswelle an. Zuletzt hatten etwa die kanadische Valeant für elf Milliarden Dollar Salix gekauft und der US-Konzern Pfizer Hospira für 15 Milliarden Dollar. Für Aufsehen sorgte 2014 der Versuch einer feindlichen Übernahme, mit dem Pfizer bei AstraZeneca scheiterte. Und fast täglich schießen neue Übernahmespekulationen ins Kraut. Teva hat vor allem unter Nachahmer-Konkurrenz für sein Multiple-Sklerose-Mittel Copaxone zu leiden. Im zweiten Quartal konnte das Unternehmen seinen Gewinn aber deutlich steigern und hob sein Jahresziel an.[ID:nL5N1071KN]Die Aufsichtsgremien von Teva und Allergan haben der Übernahme, die im ersten Quartal 2016 abgeschlossen werden soll, bereits zugestimmt. Allergan soll 33,75 Milliarden Dollar in bar sowie Teva-Aktien im Wert von aktuell 6,75 Milliarden erhalten. Dies entspreche einem Anteil an Teva von unter zehn Prozent. Die Israelis erhoffen sich von dem Zukauf jährliche Kosten- und Steuereinsparungen von rund 1,4 Milliarden Dollar. 2016 dürfte das Allergan-Generikageschäft nach Einschätzung von Teva rund 2,7 Milliarden Dollar zum Betriebsgewinn (Ebitda) beitragen, bei Abschluss der Übernahme käme Teva auf einen Umsatz von rund 26 Milliarden Dollar und ein Ebitda von etwa 9,5 Milliarden Dollar. Der Allergan-Konzern entstand erst kürzlich in seiner aktuellen Form, als das amerikanische Unternehmen für 66 Milliarden Dollar von dem Konkurrenten Actavis übernommen wurde. Dieser benannte sich darauf um. Zuvor war Actavis bereits seit einiger Zeit auf Einkaufstour und hatte etwa die US-Firma Forest für 25 Milliarden Dollar übernommen. Vor einem Jahr war der Leiter der Actavis-Generikasparte, Sigurdur Olafsson, zu Teva gewechselt. Teva könnte vermutlich schon länger an Allergan interessiert gewesen sein. "Mein Gefühl war immer, dass Mylan für Teva Plan B war", sagte Teva-Investor Benny Landa.

Mylan N.V.

WKN A14NYH ISIN NL0011031208