Reuters

China-Schwäche macht VW vorsichtiger

29.07.2015
um 14:26 Uhr
München (Reuters) - Die Rückschläge auf dem weltgrößten Automarkt China lassen den frisch gekürten Branchenprimus Volkswagen für 2015 vorsichtiger werden. Die Wolfsburger dampften am Mittwoch ihre Verkaufsziele für das Gesamtjahr ein. Statt wie bisher ein moderates Plus erwartet der Konzern nur noch Auslieferungen "auf dem Niveau des Vorjahres" von 10,1 Millionen Autos. VW verkauft mehr als ein Drittel seiner Fahrzeuge in China und erzielt dort einen großen Teil des Gewinns. Auch Märkte wie Brasilien und Russland seien unsicher, sagte Vorstandschef Martin Winterkorn. Risiken sieht VW zudem im Preiskampf, mit dem die Autobranche auf Absatzrückgänge reagiert, sowie in schwankenden Zinsen, Wechselkursen und Rohstoffpreisen. Die Gewinnprognose blieb dennoch unverändert.An der Börse verlor die Aktie bis zum Nachmittag rund 2,5 Prozent und zählte zu den größten Verlierern im Leitindex Dax. Analysten äußerten sich positiv über den höheren Betriebsgewinn im zweiten Quartal, aber besorgt über die dunklen Wolken im größten Einzelmarkt von VW. Die Absatzschwäche in China scheine sich zu verfestigen, schrieb NordLB-Experte Frank Schwope. "Im Gesamtjahr könnten sowohl der weltweite Konzern-Absatz als auch die Verkäufe in China leicht rückläufig sein." VW hatte dort zuletzt weniger Autos ausgeliefert. Bei der erfolgsverwöhnten Tochter Audi, Platzhirsch im chinesischen Oberklasse-Segment, sank der China-Absatz im Frühjahr erstmals.Der chinesische Pkw-Markt gab im Juni das erste Mal seit Jahren nach. Die Käufer fordern seit geraumer Zeit Rabatte, die Preise sind unter Druck. Die Margen der Hersteller schrumpfen, vor allem die Oberklasse-Autobauer trauern den einst üppigen Renditen nach. Weil außer China auch Märkte wie Brasilien und Russland schwächelten, und Verbesserungen in Europa dies nicht ausglichen, setzte der Zwölf-Marken-Konzern weltweit weniger Fahrzeuge ab: 5,04 Millionen waren es im ersten Halbjahr - das dar allerdings genug, um dem Dauerrivalen Toyota den Titel des verkaufsstärksten Autobauers der Welt abzujagen.RENDITE UNTER DRUCKDen erwarteten geringeren Einnahmen will VW mit Kürzungen auf der Ausgabenseite begegnen. Das Spar- und Effizienzprogramm werde umgesetzt, die Produktion immer stärker nach modularen Baukästen organisiert, sagte Finanzchef Hans Dieter Pötsch. Beim Betriebsgewinn blieb VW bei seiner Prognose und erwartet in diesem Jahr eine operative Rendite zwischen 5,5 und 6,5 Prozent. Im zweiten Quartal sank sie auf 6,2 (VJ: 6,5) Prozent. Autoanalyst Holger Schmidt von Equinet sagte, er sehe die Gefahr, dass VW wegen der anhaltenden Schwäche in vielen Märkten im Gesamtjahr nur eine Rendite am unteren Ende der Spanne einfahren könnte. Im zweiten Quartal steigerte VW das Betriebsergebnis um fast fünf Prozent auf knapp 3,5 Milliarden Euro. Die größten Beiträge zum Konzerngewinn lieferten erneut die Töchter Audi und Porsche ab. Die Kernmarke VW verbesserte die Marge auf 3,3 Prozent im Quartal, im Halbjahr waren es 2,7 Prozent. Rivale Toyota hatte zuletzt mit fast zehn Prozent geglänzt. Damit spielen die Japaner in der Liga von Premium-Herstellern. Mercedes legte vergangene Woche die Latte mit einem Wert von 10,5 Prozent hoch. Audi blieb mit 9,9 Prozent im zweiten Quartal darunter. Vor und nach Steuern brach der Konzerngewinn um 16 Prozent ein. Unterm Strich blieben 2,73 Milliarden Euro - weniger als von Analysten erwartet. China sei nicht der alleinige Grund, erläuterte Metzler-Analyst Jürgen Pieper und verwies auf eine Neubewertung von Finanzderivaten in dreistelliger Millionenhöhe. Die Gewinne aus China werden bei VW nicht im operativen Ergebnis, sondern im Finanzergebnis verbucht. Analysten von Morgan Stanley bemängelten, dass der Beitrag im zweiten Quartal deutlich abgefallen sei. Andere Experten betonten dagegen das Potenzial, das der weltgrößte Automarkt immer noch berge. Um bei der Motorisierung einen westlichen Standard zu erreichen, fehlten noch immer mehr als 500 Millionen Pkw, schrieb NordLB-Experte Schwope.

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