Reuters

Umweltministerium will engen Rahmen für neue Gentechniken

29.11.2016
um 16:56 Uhr

- von Hans-Edzard Busemann

Berlin (Reuters) - Das Umweltministerium sieht neue gentechnische Methoden in der Landwirtschaft skeptisch und pocht auf strenge Zulassungsprüfungen.

"Es ist wichtig, auch hier die GVO-Zulassungskriterien anzuwenden", sagte Staatssekretär Jochen Flasbarth in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Bislang werden konventionelle gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in der Europäischen Union nur nach aufwendigen Prüfungen zugelassen. Die EU hat aber noch nicht entschieden, ob auch für neue Techniken wie CRISPR/Cas9 die strengen, zeitintensiven Prüfkriterien gelten sollen oder ob mit dieser Methode hergestellte Pflanzen nur als neue Züchtungen gelten sollen. In dem Fall wäre ihre Marktzulassung ungleich einfacher.

Mit CRISPR/Cas9 können im Vergleich zu konventionellen Verfahren vergleichsweise einfach und preiswerter Teile der genetischen Informationen eines Organismus verändert werden. Die Technik wird vielfach als "Gen-Schere" bezeichnet, mit der gezielt im Genom Gene eingefügt oder herausgeschnitten werden können. Experten gehen davon aus, dass mit CRISPR/Cas9 die nächste Stufe der künstlichen Entwicklung von Nutzpflanzen eingeläutet werden kann. Damit könnten etwa Pflanzen mit bestimmten Resistenzen oder Eigenschaften wie Lagerfähigkeit oder Geschmack hergestellt werden.

STAATSSEKRETÄR: ENTSCHEIDEND IST VERFAHREN, NICHT NACHWEIS

Flasbarth warnt davor, dass etwa CRISPR/Cas9-Pflanzen von ihren in freier Natur vorkommenden Verwandten nicht mehr unterschieden werden könnten: "In der Tat kann man manchen Pflanzen am Ende nicht mehr ansehen, dass sie genmanipuliert sind. Das kann aber nicht bedeuten, dass sie als konventionell zu werten sind." Entscheidend sei der Eingriff mittels gentechnischer Verfahren. Deshalb müssten diese Nutzpflanzen sowohl europäischem als nach nationalem Gentechnikrecht unterliegen.

"Es ist wichtig, auch hier die GVO-Zulassungskriterien anzuwenden, weil die Veränderung der Pflanze gravierende Auswirkungen haben kann und die Rückholbarkeit sonst nicht gewährleistet wäre", sagte der Staatssekretär. Dahinter steckt die Furcht, Pflanzen mit umweltschädlichen Eigenschaften könnten sich ungehindert verbreiten. Konventionelle Gentechnik ist in Pflanzen nachweisbar, wenn etwa Gen-Sequenzen aus Bakterien in das Genom implantiert wurden. Zudem bleiben in dem Genom von konventionellen GVO-Pflanzen Überbleibsel des Eingriffs bestehen. Mit den neuen Methoden können jedoch Gene aus derselben Art kombiniert werden. Das Ergebnis gleicht dem Resultat konventioneller Züchtung über Kreuzungen - mit dem Unterschied, dass CRISPR/Cas9 oder andere neuen Techniken schneller und zielgerichteter zu den gewünschten Resultaten führen.

Flasbarth sieht gravierende Folgen für konventionelle Pflanzenzüchter durch die neuen Techniken: "Es ist in der Tat zu erwarten, dass Nutzer von CRISPR/Cas9 versuchen werden, ihre erzeugten Pflanzen durch Patente zu schützen." Dies sei widersprüchlich angesichts der sonstigen Argumentation, dass sie von konventionell gezüchteten Pflanzen nicht unterscheidbar seien. "Auch bei CRISPR/Cas9 muss gelten, dass kein Patent auf Leben erteilt werden darf."

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