Reuters

Axel Springer beschleunigt Rückzug aus der Türkei

08.05.2018
um 12:51 Uhr

Berlin (Reuters) - Der Axel-Springer-Verlag zieht sich schneller als geplant aus seinem Türkei-Geschäft zurück.

Man habe sich auf den vorzeitigen Verkauf des rund siebenprozentigen Anteils an Dogan TV für 160 Millionen Euro verständigt, sagte Konzernchef Mathias Döpfner am Dienstag. Der Ausstieg sei wirtschaftlich extrem erfreulich - "weil wir unser Geld schneller haben und es für anderes Wachstumsgeschäft in unseren Kernfeldern einsetzen können." Allerdings sei der Auslöser des Verkaufs ein "außerordentlich bedauernswertes Zeichen für den unabhängigen Journalismus in der Türkei". Die Dogan Holding hat einen Verkauf sämtlicher Medienaktivitäten ("Hürriyet" und "CNN Türk") an die Mediengruppe Demirören eingeleitet, der Nähe zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nachgesagt wird.[nL8N1R4349]Springer war Anfang 2007 mit 25 Prozent bei Dogan TV eingestiegen und hat seinen Anteil zuletzt gekappt. "Da wir schon in den letzten Jahren von der Entwicklung sehr enttäuscht waren, haben wir diese Beteiligung Schritt für Schritt in einem fest mit dem Hauptgesellschafter vereinbarten Verfahren reduziert", sagte Döpfner. Ursprünglich hätte es einen Veräußerungserlös von rund 171 Millionen Euro in den Jahren 2020/22 geben sollen. Die Verkaufsabsicht habe es aufgrund einer politischen und wirtschaftlichen Entwicklung gegeben. "Dass sich das vor dem Hintergrund der aktuellen Verhältnisse nicht zum Positiven verändert hat, ist wohl klar", erklärte der Springer-Chef. Er betonte aber auch: "Das hat aber jetzt keinen direkten politischen Zusammenhang zu Deniz Yücel oder so etwas." Der "Welt"-Korrespondent saß gut ein Jahr in türkischer Haft, da ihm die Regierung Terrorunterstützung vorwarf. Operativ legte Springer dank seines boomenden Internetgeschäfts bei Umsatz und Gewinn zu Jahresbeginn zu. Zwischen Januar und März stiegen die Erlöse beim Herausgeber von "Bild" und "Welt" binnen Jahresfrist um 6,9 Prozent auf 773,5 Millionen Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) kletterte um gut 16 Prozent auf über 171 Millionen Euro. Für 2018 bekräftigte das Management das Ziel, den Umsatz im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich zu steigern und den Gewinn niedrig zweistellig zu erhöhen. Der Konzern verlagert seine Aktivitäten mehr und mehr ins Internet. Größter Wachstumstreiber waren erneut Job-, Immobilien- und Autoportale. Auf dieses sogenannte Rubrikengeschäft entfielen rund zwei Drittel des Ebitda, auf das gesamte Digitalgeschäft sogar 80 Prozent.

Anleger reagierten dennoch enttäuscht. Die Springer-Aktien rutschten um fünf Prozent auf 65,50 Euro ab und waren größter Verlierer im Nebenwerteindex MDax. Börsianer führten das Kursminus vor allem auf Gewinnmitnahmen zurück.

Axel Springer SE

WKN 550135 ISIN DE0005501357