Reuters

Durchbruch in Israel - Netanjahu-Gegner einigen sich auf Koalition

03.06.2021
um 07:12 Uhr

- von Maayan Lubell

Jerusalem (Reuters) - Israel steht vor der Bildung einer neuen Regierung und Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor dem Verlust seines vor zwölf Jahren angetretenen Regierungsamtes.

Das Präsidialamt teilte am Mittwochabend mit, Oppositionsführer Jair Lapid habe Präsident Reuven Rivlin darüber unterrichtet, dass er eine Mehrheit im Parlament hinter sich versammelt habe und eine neue Regierung bilden könne. Demnach solle zunächst Naftali Bennett von der ultranationalistischen Partei Jamina Ministerpräsident werden, um nach rund zwei jahren von Lapid abgelöst zu werden.

Lapid ist es rund eine Stunde vor Ablauf der Frist zur Bildung einer Regierung gelungen, ein Bündnis von teils gegensätzlichen Partnern zu schmieden. Dazu gehört die Zentrumspartei Blau-Weiß von Verteidigungsminister Benny Gantz. Auch mit der linken Merez- und der linken Arbeitspartei sowie mit der nationalistischen Jisrael Beitenu von Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman seien Absprachen getroffen worden, hatte Lapids Sprecher im Tagesverlauf mitgeteilt.

BENNETT UND LAPID WOLLEN SICH MINISTERPRÄSIDENTENAMT TEILEN

Erstmals in der Geschichte Israels soll mit der Vereinigten Arabischen Liste eine unabhängige arabische Partei Mitglied der Regierung werden. Bereits früher hatten die Jesch-Atid-Partei des 57-jährigen Lapids und Blau-Weiß mitgeteilt, dass Gantz Verteidigungsminister bleiben soll.

Lapids liberale Partei Jesch Atid war bei der Parlamentswahl am 23. März - der vierten Wahl binnen zwei Jahren - zweitstärkste Kraft hinter dem nationalkonservativen Likud von Netanjahu geworden. Diesem war es erneut nicht gelungen, innerhalb der gesetzten Frist eine Regierung zu bilden. Der 71-jährige Netanjahu regiert seit 2009 und ist damit der am längsten amtierende Ministerpräsident Israels. Er steht wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck. Er weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet sich als Opfer einer Hexenjagd. Anfang April musste er wegen Korruptionsverdachts vor Gericht erscheinen.