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Seehäfen beklagen nach Umschlagsminus politische Vernachlässigung

11.03.2024
um 16:02 Uhr

Berlin/Hamburg (Reuters) - Deutschlands Seehäfen haben 2023 einen Rückgang des Güterumschlags hinnehmen müssen und fordern vor der in Kürze erwarteten Hafenstrategie der Bundesregierung massive Investitionen.

Alle Seehäfen in Europa seien von den jüngsten Krisen und der Konjunkturschwäche betroffen, erklärte der Hafen-Verband ZDS am Montag. "Doch während in den europäischen Nachbarstaaten zielstrebig investiert wird, um die dortigen Seehäfen in Zeiten umfassender Transformationen zukunftssicher aufzustellen, wurden die deutschen Seehäfen in den letzten Jahren politisch vernachlässigt." Lichtblick 2023 war der Hafen Rostock, der vor allem vom höheren Umschlag von Erdöl für die Raffinerie in Schwedt profitierte.

Um insgesamt knapp zwölf Prozent auf 23,9 Millionen Tonnen legte der Umschlag im Rostocker Hafen damit zu, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Doch in allen deutschen Seehäfen zusammen sank der Güterumschlag im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent auf 267,8 Millionen Tonnen. "Die schwierige geopolitische Lage und die schwache Dynamik des Welthandels im Jahr 2023 gingen somit nicht spurlos an den deutschen Seehäfen vorbei", so die Behörde. Der größte deutsche Seehafen Hamburg verzeichnete einen Rückgang um 3,6 Prozent auf 99,6 Millionen Tonnen. In Bremerhaven betrug das Minus sogar 8,4 (39,2 Mio) und in Wilhelmshaven 6,1 Prozent (29,8 Mio).

Ähnliche Entwicklungen zeigten sich laut dem Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) zwar auch in den großen europäischen Nachbarhäfen Rotterdam und Antwerpen, wo der Seegüterumschlag im Vergleich zu 2022 um 6,1 respektive 5,5 Prozent zurückging. Doch hier agiere die Politik anders: "Während die europäischen Nachbarstaaten die Zeichen der Zeit erkannt haben und ihre Seehäfen entsprechend aufstellen, fehlt es in Deutschland bisher anscheinend am politischen Willen, die notwendigen Maßnahmen anzugehen und mit ausreichend finanziellen Mittel und guter Ordnungspolitik zu hinterlegen", kritisierte ZDS-Präsidentin Angela Titzrath. "Wir hoffen, dass die Nationale Hafenstrategie, die in den kommenden Tagen veröffentlicht werden soll, den Weg weisen wird."

Mit der Nationalen Hafenstrategie solle sichergestellt werden, dass die deutschen See- und Binnenhäfen weiter eine wichtige Rolle in den globalen Transportketten spielen, hieß es im Dezember in einem Entwurf der Planung. Damals befand sich die Strategie noch in der Ressortabstimmung.

Es brauche massive Investitionen in die Seehäfen und deren Anbindung an die Wirtschaftsräume in ganz Deutschland und die europäischen Nachbarstaaten, so Titzrath, die Chefin des Hamburger Hafenlogistik-Konzerns HHLA ist. Der größte Hafenbetreiber der Hansestadt hatte erst kürzlich für 2023 einen Gewinneinbruch (Ebit) von 54 Prozent ausgewiesen.

Die wichtigsten Partnerländer der deutschen Häfen im Seehandel waren dem Statistikamt zufolge 2023 die USA mit einem Güterumschlag von 27,9 Millionen Tonnen und Norwegen mit 25,1 Millionen Tonnen. Schweden hatte 2022 Russland als bis dahin wichtigstes Partnerland abgelöst und lag 2023 mit 23 Millionen Tonnen Güterumschlag auf Rang drei, gefolgt von China. Grund für diese Verschiebungen sind die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Denn seitdem gibt es mehr Lieferungen fossiler Energieträger etwa durch die USA. Auf diesen Bereich entfielen mehr als zwei Fünftel des Güterumschlags mit den USA.

(Bericht von Klaus Lauer und Elke Ahlswede, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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