Reuters

Griechenland schlägt höhere Steuern und Rentenreform vor

10.07.2015
um 07:31 Uhr
- von Renee Maltezou und John O'DonnellAthen/Frankfurt (Reuters) - Griechenland will mit Steuererhöhungen und einer Rentenreform die internationalen Gläubiger zu weiteren Milliardenhilfen bewegen und eine Staatspleite doch noch abwenden. Pünktlich vor Ablauf eines Ultimatums schickte die Regierung in Athen am Donnerstagabend ihre Vorschläge an die Geldgeber. Vorgesehen ist demnach etwa, die Belastungen für Reedereien zu erhöhen und Steuervergünstigungen für Inseln zu streichen. Im Gegenzug verlangt Griechenland 53,5 Milliarden Euro, um bis 2018 seine Schulden bezahlen zu können. Außerdem fordert die Regierung ein Entgegenkommen bei den Zielen für den Staatshaushalt. Investoren reagierten zunächst erleichtert: US-Aktienfutures legten im frühen asiatischen Handel um ein Prozent zu.Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem kommentierte die Liste zunächst nicht öffentlich und kündigte an, sie von Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds überprüfen zu lassen. Er und die 18 anderen Finanzminister der Euro-Zone kommen am Samstag zusammen. Dann könnten sie empfehlen, Verhandlungen über ein Hilfspaket des europäischen Rettungsfonds ESM mit Griechenland aufzunehmen. Das Parlament in Athen soll bereits am Freitag über Sofortmaßnahmen abstimmen.Dabei dürfte der linke Ministerpräsident Alexis Tsipras allerdings auf Widerstand stoßen. So unterschrieb der Chef seines kleineren Koalitionspartners die Reformvorschläge nicht. Auch die Unterschrift von Energieminister Panagiotis Lafazanis fehlt. Er führt den linken Flügel von Tsipras' Partei Syriza. Der Ministerpräsident hat sich allerdings die Hilfe von Oppositionsparteien gesichert.Eine weitere Abstimmung im Parlament wäre nötig, wenn sich die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone am Sonntag für kurzfristige Finanzhilfen und Verhandlungen über ein längerfristiges drittes Rettungspaket entscheiden.PRIVATISIERUNGEN SOLLEN VORANGETRIEBEN WERDENDie an die Gläubiger verschickte Liste enthält zahlreiche Maßnahmen, um die Staatseinnahmen zu erhöhen. So sollen die Unternehmenssteuern noch in diesem Jahr erhöht werden. Für Gaststätten und Hotels soll der Mehrwertsteuersatz steigen. Sonderzahlungen für Rentner mit niedrigem Einkommen werden den Planungen zufolge bis 2019 schrittweise abgeschafft. Der Verteidigungshaushalt soll bis Ende 2016 um 300 Millionen Euro schrumpfen.Die Regierung versprach außerdem einen verbindlichen Zeitplan für die Privatisierung von Staatsunternehmen wie den Hafen von Piräus oder Regionalflughäfen. Die verbliebenen Staatsanteile am Mobilfunkunternehmen OTE, an dem die Deutsche Telekom beteiligt ist, sollen an die Privatisierungsbehörde gehen.FRONT DER GELDGEBER BRÖCKELTNach monatelangen Verhandlungen und einer Volksabstimmung am Sonntag, in der die Griechen Reformvorschläge der Gläubiger mit großer Mehrheit ablehnten, wird die Zeit für die Regierung immer knapper. Am 20. Juli muss das Land 3,5 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen, die es ohne neue Hilfen nicht aufbringen kann. Bleibt die Zahlung aus, könnten spätestens dann die Nothilfen für die griechischen Banken gestoppt werden. Die Geldinstitute sind aus Angst vor einem Kundenansturm bereits seit Ende Juni geschlossen. Überweisungen ins Ausland sind stark beschränkt. An Geldautomaten gilt eine Grenze von 60 Euro am Tag.Sollte es keine Einigung zwischen Griechenland und den Gläubigern geben, werden EU-Kreisen zufolge die 28 Staats- und Regierungschefs der gesamten Union darüber beraten, wie sie die Folgen eines Zusammenbruchs in Griechenland bewältigen können. Dazu gehörten humanitäre Hilfen und möglicherweise auch die Wiedereinführung von Grenzkontrollen.Vor den entscheidenden Verhandlungen war am Donnerstag die Front der Geldgeber gebröckelt. Während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf die Einhaltung der Regeln der Euro-Zone und Reformen pochte, sagte sein französischer Kollege: "Wir müssen uns bei der Anwendung von Regeln den Umständen anpassen." Für Konfliktstoff sorgt auch die Frage von Schuldenerleichterungen: Wie der IWF fordert EU-Ratspräsident Donald Tusk eine Einbeziehung der Schuldenlast in eine Einigung. Für die Bundesregierung wäre mit einem echten Schuldenerlass auf Kosten der deutschen Steuerzahler allerdings eine Grenze überschritten.

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