Reuters

Bundesregierung begrüßt Vorschläge zum Kohle-Ausstieg

28.01.2019
um 07:17 Uhr

- von Markus Wacket und Tom Käckenhoff

Berlin/Düsseldorf (Reuters) - Die Empfehlungen der Kohlekommission für einen Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohleverstromung bis spätestens 2038 sind auf ein überwiegend positives Echo gestoßen.

Politik, Wirtschaft und Umweltgruppen erklärten, dass damit nach dem Atomausstieg auch die Grundlage für ein Ende des Streits über die Kohlekraftwerke und die Braunkohle-Tagebaue gelegt worden sei. Auch die Bundesregierung zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis der von ihr eingesetzten Kommission und versicherte, die Stromversorgung werde auch künftig gewährleistet sein. Umweltministerin Svenja Schulze erklärte, dass es nicht zwangsläufig zu höheren Strompreisen kommen müsse.

Die Grünen freute vor allem die Empfehlung, dass der Hambacher Forst erhalten bleiben soll. Kritik kam von FDP und der Linken. Das Ifo-Institut bemängelte, dass als Ausgleich für den Ausstieg, wohl zumindest teilweise Atom- und Kohlestrom aus Tschechien und Polen importiert werde. Die Versorger hielten sich mit einem Urteil zurück. Sie müssen über Entschädigungen für Kraftwerksschließungen noch verhandeln.

Der Kommissions-Vorsitzende Ronald Pofalla sprach von einem "historischen Kraftakt". Er gehe davon aus, dass dieser Beschluss zu einer Befriedung der Debatte beitrage. SPD-Politikerin Schulze sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, Studien ihres Ministeriums hätten gezeigt, dass man "keineswegs von steigenden Strompreisen durch den Kohleausstieg ausgehen" müsse. Zudem würden die Kohleregionen in der Lausitz und im Rheinischen Revier "Energieregionen mit guten Jobs und verlässlichen Rahmenbedingungen bleiben – nur eben nicht mehr mit der Kohle, sondern mit neuen, regenerativen Energien, Klimaschutz- und Speichertechnologien".

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte an, dass die Bundesregierung die Vorschläge nun "sorgfältig und konstruktiv prüfen" werde. Mit ihnen würden auch die Klimaschutzziele der Regierung für das Jahr 2030 erreicht, sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Dank der breiten Mehrheit in der Kommission könne einer der anspruchsvollsten Transformationsprozesse der vergangenen Jahrzehnte "mit einem großen gesellschaftlichen Konsens" gelingen. Finanzminister und SPD-Vize Olaf Scholz sprach in dem Blatt von einer "guten Nachricht". Deutschland könne zu einem energiepolitischen Vorzeigeland werden.

IFO: ENTSCHÄDIGUNGEN TREIBEN KOSTEN FÜR AUSSTIEG HOCH

FDP-Chef Christian Lindner bezeichnete die Pläne dagegen als zu teuer und unnötig. Die Linke sprach von einem "teuren Bummel-Kohleausstieg", der deutlich die Handschrift der Kohle-Lobby trage. "Mutiger Klimaschutz sieht anders aus", erklärte Parteichefin Katja Kipping. Das Ifo-Institut kritisierte, es sei die Chance vertan worden, den Kohleausstieg mit einer grundlegenden Reform der Energie- und Klimapolitik zu verbinden. Nach Berechnungen der Münchener Forscher wird der Kohleausstieg zumindest teilweise ausgeglichen durch Importe von Atom- und Kohlestrom aus Polen und Tschechien. Zudem würden die Entschädigungen für Kraftwerksbetreiber und die geplante Entlastung der Strompreise die Kosten des Ausstiegs weiter ansteigen lassen.

Die Kommission aus Vertretern von Wissenschaft, Industrie, Gewerkschaften und Umweltgruppen hatte sich nach einem über 20 Stunden langen Verhandlungsmarathon am Samstagmorgen auf ein Aus für das letzte Kraftwerk bis spätestens 2038 verständigt. Das Enddatum könnte auch auf 2035 vorgezogen werden. Es gab nur eine Gegenstimme in dem 28-köpfigen Gremium. Um die Folgen für die betroffenen Braunkohlegebiete im Rheinland und in Ost-Deutschland abzufedern, sind bis 2040 mindestens 40 Milliarden Euro vorgesehen.

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