Reuters

Stromnetzbetreiber Tennet fordert Tempo beim Netzausbau

29.01.2024
um 18:17 Uhr

Berlin/Düsseldorf (Reuters) - Der Stromnetzbetreiber Tennet hat Engpässe bei der Einspeisung von Offshore-Windenergie beklagt und Tempo beim Ausbau der Stromautobahnen gefordert.

"Der Netzausbau an Land macht dank zahlreicher Beschleunigungsmaßnahmen in den vergangenen zwei Jahren nun endlich Fortschritte", sagte Vorstandsmitglied Tim Meyerjürgens am Montag. Dennoch wirkten sich die vielen verlorenen Jahre zuvor inzwischen zunehmend auf die "Windernte" in der Nordsee aus. Aufgrund der immer noch zahlreichen Engpässe im Stromnetz an Land müssten die großen Windparks in der Nordsee immer öfter abgeregelt werden. Die Bundesnetzagentur warnte zudem, der Anschluss neuer Windräder im Meer ans Stromnetz könne sich um bis zu zwei Jahre verzögern.

Tennet habe 2023 rund 19,24 Terawattstunden (TWh) Windenergie aus der deutschen Nordsee an Land übertragen, erklärte der Konzern. Damit könne rein rechnerisch der Jahresbedarf von rund sechs Millionen Haushalten gedeckt werden. Das Jahresergebnis 2023 liege rund neun Prozent unter dem Vorjahreswert von 21,13 TWh. Durch den gleichzeitig starken Anstieg der Windstromerzeugung an Land sei das Gesamtergebnis in Deutschland zwar auf 148,97 TWh von zuvor 122,79 TWh gestiegen. Der Anteil des Nordseestroms habe mit rund 13 Prozent etwa vier Prozentpunkte unter dem des Vorjahres gelegen. Das alles zeige, dass Deutschland weiter hohes Tempo machen müsse beim Netzausbau und den großen Stromautobahnen, damit das Potenzial der Nordsee als Windkraftwerk Deutschlands und Europas sobald wie möglich effizient genutzt werden könne, erklärte Meyerjürgens.

Die Windenergie auf hoher See spielt eine Schlüsselrolle in der Energiewende. Sie soll mit Milliardensummen ausgebaut werden. Hierzu gehören auch die Trassen, die den Strom vom Norden der Republik zu den Industrie-Zentren im Westen und Süden transportieren. Die Netzbetreiber beklagen seit Jahren zu lange Verfahren, wodurch sich Verzögerungen ergeben. Deutschland will bis 2030 Windräder mit rund 30 Gigawatt Leistung auf hoher See errichten. Derzeit sind es rund zehn Gigawatt.

Das für die Aufsicht der Offshore-Anlagen zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) berichtete in einem auf ihrer Internetseite veröffentlichten Schreiben an die Bundesnetzagentur von Verzögerungen bei vier Netzanbindungssystemen um ein bis zwei Jahre. Ein Grund wurde nicht genannt. In Regierungskreisen wurden Probleme bei Lieferketten genannt.

Tennet verwies darauf, dass die deutlich angehobenen Ausbauziele in Deutschland und Europa die Nachfrage nach Kapazitäten für die Technik, Plattformen und Kabelsysteme weiter nach oben getrieben habe. Dies bringe Engpässe bei den Herstellern und notwendige Planungsänderungen für die Realisierung der Offshore-Netzanbindungen mit sich. Ein Hauptengpass seien ausreichend groß dimensionierte Werftstandorte aber auch die Kapazitäten von Sublieferanten entlang der Herstellungskette.

Der Branchenverband BWO forderte den Bund auf, mehr Augenmerk auf die Lieferketten zu legen. Der Staat habe über die Vergabe von Flächen im Meer an die Energiekonzerne Milliarden-Einnahmen, die jetzt aber teilweise für Argrasubventionen verwandt würden. "Künftig sollte die Bundesregierung sie dafür verwenden, um mit industriepolitischen Mitteln die Engpässe der Wertschöpfungskette zu beseitigen", sagte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm.

(Bericht von Tom Käckenhoff, Markus Wacket, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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